Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 28. März 1880
Potsdam 28/3 80.
Lieber Ernst!
Eine große Freude war es mir gestern als ich Deinen lieben Brief bekam und darin die Photografie Deiner Kinder. Hab schönen Dank dafür. Ach, wenn ich sie nur öfter sehn könnte, das liebe kleine Volk. Nun fürs erste muß ich ja zufrieden sein, daß Du kommst, und freue mich, daß ich Dich den Zwanzigsten erwartten kann. ||
Hoffentlich bist Du und Deine liebe Frau wieder ganz wohl. Hier geht es auch leidlich, Karl hat Husten und Schnupfen, und sieht dabei elend aus, ist aber nicht bettlägerich. Heinnrich ist jetzt auch hier und Marie auch aus Dresden heimgekommen. Georg ist Palmsonntag konformiert, da war ich auch in der Kirche, ich entbere es sehr, daß ich nur so selten hin kann, aber die Kräfte reichen || nicht weit. Heute wird Karl mit den 4 erwachsenen Kindern zum Abendmahl gehn. So gerne ich auch mit Ihnen wäre, so trau ich es mir doch nicht zu, mein Kopf ist zu schwach. Vom Grünen Donnerstag bis vorigen Montag war Bertha bei mir. Den 31sten wird sie mit Anna, Marie und Heinnrich zum Polterabend bei Richter sein; und dann Freitag Bertha und Karl zur Hochtzeit. B. Richter heirathet den Doktor Wegscheider. ||
Wie im Leben oft sich Freud und Leid zusammentreffen, heute bekamen wir eine Trauernachricht: Alina Windhost, die Pflegeschwester von Clara ist in Wahen gestorben, eine sehr liebe, wackere Frau die dem Mann und den 4 Kindern sehr fehlen wird. Heute zu Mittag werde ich bei Karl sein, morgen die Gesellschaft bei mir. Künftigen Mittwoch, wo Anna, Marie und Heinrich in Berlin sind, wird Karl mit den 4 jüngsten Söhnen auch bei mir essen. Dir mit Frau und Kinder wünscht ein fröhliches Fest Deine alte Mutter.