Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, [Potsdam], 7. Oktober [1879], mit Nachschrift von Heinrich Haeckel

Dienstag 7/10

Mein lieber Ernst!

Ueber allem Kram a bin ich nicht dazu gekommen zum gestrigen Tage Deiner lieben Emma meinen Glückwunsch auszusprechen, und doch hatte ich in der letzten Zeit so oft ihrer gedacht. Gebe Gott, daß meinb heißer Wunsch in Erfüllung gehe, und das liebe Geburtstags Kind mit ihren beiden Geschwistern zur Freude ihrer lieben Eltern gedeihn, und alle 3 drei [!] gut || und brav werden. –

Seit Donnerstag bin ich nun hier in Karls Wohnung, und so sehr ich mich auch freue, daß ich so oft Karl und die Kinder sehn kann, so ist es doch noch gar nicht gemüthlich da noch alle möglich Arbeiter beschäftigt sind: Mauerer, Töpfer, Tapezier etc. so kann ich denn noch nicht zur ordnung kommen, doch das wird ja nach und nach werdenc. Karl treibt ja die || Arbeiter; aber er ist auch sehr beschäftigt, das neue Gerichtsverfahren, er ist Landrichter geworden. Dazu kommt, daß er nun viel mit den Wahlen zu schaffen hat, er ist Wahlmann geworden. Sonntag war er zu Mittag bei Tante Bertha in Berlin, bei der die Verwandten versammelt waren, zu Ehren von Gertrud Sethe aus Nauemburg. Sonntag früh || war Anna mit Mariechen nach Dresden gereist, die 3 Jungen waren in Berlin bei Tante Bertha, wo sie einen Theil der Ferien zu gebracht, so war Heinnrich und Siegfried allein hier, die bei mir zu Mittag waren. Der kleine Siegfried ist fast immer bei mir; was mir viel Freude macht, daß er auch Schreiben hilft, siehst Du an der blauen Schrift. – Anna wird || morgen früh wiederkommen, da wird Siegfried wohl wieder mehr unten sein.

Auf dein Herkommen freue ich mich sehr; gestern habe ich die Betten ausgepackt, und dabei gleich alles für Dich zurecht gemacht; richte es nur so ein, daß Du so lange es irgend geht, bleiben kannst, Du kannst mir dann helfen; Bilder auf-||hängen. Sei mit Frau und Kinder aufs innigste gegrüßt von

Deiner

alten Mutter.

[Beischrift von Heinrich Haeckel]

Lieber Onkel!

Am Donnerstag Abend kam ich glücklich hier an, habe in Uniform 2/3 des eigentlichen Fahrpreises gespart und noch dazu 50 Pfund Freigepäck gehabt. Sage Emmerentia meine herzlichsten Glückwünsche und sei mit Deiner Frau und Kindern bestens gegrüßt

von

deinem treuen

Neffen

Heinrich.

a gestr.: habe ich; b korr. aus: meiner; c gestr.: kommen; eingef.: werden

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
07.10.1879
Entstehungsort
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36862
ID
36862