Charlotte Haeckel an Ernst, Potsdam, 28. Juli 1879
Potsdam 28/7 79.
Mein lieber Herzens Sohn!
Nun rückt Deine Abreise heran, und da muß ich Dir noch meinen Wunsch mit geben. Gott behüte Dich, daß es dir wohl gehe und Du erfrischt zu uns heim kehrst. Deine alte Mutter bittet Dich noch dringend: nimm Dich in Acht, daß Du nicht zu anstrengende Dinge unternimmst, halte Dich gesund. Vorträge hälst Du doch diesmal hoffentlich nicht?? Theile uns hübsch immer Deine Erlebnisse mit; uns || interessiert ja alles, was Du treibst und erlebst, und wie freue ich mich über jedes Gute, was Dir zu Theil wird. Deine liebe Frau bitte ich dringend mir immer hübsch mit zu theilen, was sie von Dir erfährt. Hoffentlich verläßt Du zu Hause alles wohl, und hast auch um Lisbet keine Sorge; was macht denn der liebe Wildfang? Wird sie wieder können zur Schule gehn?? Ist der erste || Verband abgenommen? und verläuft die Heilung gut? Wie gerne hätte ich mal von Euch gehört! – – –
Ich dachte immer Du würdest mir mal den Walter herschicken, daß er einen Theil seiner Ferien hier bei mir verlebt hätte; es ist mir recht betrübend, daß ich Deine Kinder so wenig sehe und mit ihnen sein kann. Nun auch darin muß ich mich finden. –
Hier in Karls Familie ist alles wohl; aber || in diesem Augenblick sind nur Anna, Georg, Julius und Siegfried hier: Karl ist mit dem Ernst seit 3 Wochen in Schlesien, erst bei Schuberts in Hirschberg dann in Krumhübel und St. Peter, wo es ihnen trotz Regen, doch im Ganzen gut zu gehn scheint. Karl schreibt sehr zufrieden. Künftigen Sonntag sind seine Ferien um, und da denken sie zurück zu kommen. Marie ist auf der Reise nach Bonn, wo sie mit Bertha zusammen trift, die sie dann mit nach der Schweiz nimmt. – ||
Von Dir, mein lieber Sohn, erwartte ich jetzt keine Zeile, Du brauchst Deine Zeit zu Reisevorbereitungen, und Agnes wird auch genugt zu thun haben, vielleicht sagt aber Walter mir mal wie es Euch geht?
Wie lange denkst Du im Ganzen weg zu bleiben, kommst Du auf dem Rückweg her? Das wäre mir wohl eine große Freude, wenn ich dann noch lebe. Sollte ich aber dann schon die große Reise in das unbekannte Land an-||getreten haben, so denke, daß so lange mir noch Kraft bleibt, jeder Gedanke ein Wunsch für das Wohlergehn meiner lieben Kinder und Enkel ist.
Gott segne Euch alle!
Sei mit Frau, Kindern, und Heinnrich auf’s innigste gegrüßt von
Deiner
alten Mutter
Lotte Häckel.