Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst und Agnes Haeckel, Potsdam, 17 Juli 1879

Potsdam 17/7 79.

Liebe Kinder!

Wie leid thut es mir, daß unsere liebe Lisbet so unglücklich gefallen ist. Ich wünsche ihr glückliche Besserung und bitte sie, daß sie recht vorsichtig sein möge, und nicht ungeduldig, und dadurch es ihrer lieben Mutter erleichtert. Wie gerne wäre ich mit unter ein Stündchen bei dem lieben Kinde, und vertriebe ihr ein || wenig Ungeduld und Langeweile. Unserem lieben Wildfang wird es gewiß schwer sich mit Geduld zu fügen, doch habe ich gutes Vertrauen zu meiner Lisbet, daß sie den Eltern die Pflege nicht durch böse Laune erschweren wird. Freue ich mich doch, daß sie sich beim Verband tapfer benommen hat. Auf Dich, liebe Agnes, fällt ja, wie immer es der Frauen Loos ist, || die größte Mühe, halte Dich nur gesund und frisch dabei. – Es ist mir leid für Dich, daß nun Ernst bald die Reise antreten muß, noch ehe Lisbet wieder ganz hergestellt ist. Nun, gebe nur Gott, daß es ihm auf der Reise gut geht, er dann bei seiner Heimkehr Frau und Kinder ganz gesund und heiter wieder finde. Ich bitte Dich noch dringend, liebe Agnes, theile mir ja immer von seinen Nachrichten mit; wenn man so || den ganzen Tag auf sich angewiesen ist, wie ich dann beschäftigt hauptsächlich das Erinnren [!] an seine Lieben, und das Wohlergehn seiner Kinder. Möge Ernst eine recht glückliche Reise haben; aber ich bitte ihn dringend; sich auch in dem Arbeiten zu mässigen. Bei meinem lieben Ernst bin ich in den umgekehrten Fall der meisten Mütter, die ihre Herren Söhne zur Arbeit ermutteren [!] müssen. Nun Uebermaß muß immer vermieden werden. ||

Daß es Deiner Mutter etwas besser geht freut mich, hoffentlich wird sie sich vollens erholen, wenn wir wirklichen Sommer bekommen.

Karl ist mit Ernst nach Schlesien. Es war mir lieb, daß sie bei dem schlechten Wetter bei Schuberts in Hirschberg waren, seit vorgestern sind sie nach Krumhübel (muß bei dem Wetter dort schlecht sein). Die Kinder hier sind munter, Siegfried, der a sehr im Sprechen zunimmt, plaudert viel von Emma in Jena. Mariechen rüstig [!] sich zur Reise nach Bonn, wo sie Bertha || treffen wird, die mit ihr eine Reise in die Schweiz machen will. –

Der kleine Phillieb Bleek hat in Lipstadt die Maseren bekommen, auch ein Vergnügen für die Eltern etc. – Es scheint fast, daß wir die Amerikaner bei ihrer jetztigen Anwesenheit in Europa wohl gar nicht sehn werden, Herrmanns Frau wird wohl im August in Basel das zweite Kind bekommen. – – – –

Nun, meine liebe Kinder, seid alle innig gegrüßt von Eurer alten Mutter Lotte. versteht sich auch Heinrich. ||

Bitte, liebe Agnes, erzeige mir die Liebe und sage mir ab und zu wie es mit Lisbeth geht, wenn es auch nur wenige Worte auf einer Kartte sind. Wenn Du nicht kannst giebt Walter mir wohl Nachricht.

Hat Lisbet auch Fieber? sie soll sich nur nicht erhitzen, da bitte ich auch Walter, daß er sie jetzt nicht neckt. –

a gestr.: sich

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
17.07.1879
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36853
ID
36853