Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 29. März – 4. April 1878, mit Beischrift von Karl Haeckel

Mein lieber Ernst!

Kaum hatte ich heute früh meinen Brief an Dich posterestant abgeschickt, so erhielt ich Deinen lieben Brief, worin Du mir Deine Ankunft in Venedig angezeigt. Eine sehr große Freude hast Du mir dadurch gemacht, daß ich nicht anders kann, ich muß Dir gleich danken. Zugleich kam auch die Zeitung unter Kreuzband, die ich mit großem Intresse gleich gelesen habe.

Wenn es ja auch erfreuen kann, wenn ein tüchtiger Mensch Anerkennung findet, so müssen doch die vielen Ehrenbezeugungen lästig werden. Damit Du darüber nicht eitel wirst, dafür wird wohl das Leben an der See jetzt dienen, die wird eine Abkühlung geben. ||

Noch muß ich Dir danken, daß Du mir das Buch von der Callenger Expedition hier gelassen hast. Ich habe es mit großem Intresse gelesen, und immer dabei an Dich gedacht; in Gedanken habe ich dabei Mancherlei mit Die besprochen. Ich werde Dir das Buch mit dem, was Dir nach Deiner Rückkehr in Jena geschickt werden soll, senden. –

Donnerstag den 4ten

Als ich diese Zeilen angefangen hatte, besuchte mich Heinnrich, so daß ich nicht fertig schreiben konnte. Seit dem war ich nun in großer Unruh um Dich, denn ich war es mir nur zu wohl bewußt, daß Du Dich || nach diesen ungewöhnlichen Anstrengungen, schlecht befinden würdest, und dazu wenn Du solch schlechtes Wetter; wie wir es hier immer haben, durchmachen müssest ohne Erkältung nicht durch kommen würdest. Endlich bin ich durch Deinen heute früh erhaltenen Brief etwas beruhigt. Wenn Du nur wirklich auch die Wahrheit sagst, indem Du versicherst, Du hättest Dich jetzt ganz erholst [!]. – Nun, bitte ich Dich aber dringend sei recht vorsichtig, Deine Gesundheit || liegt uns am Herzen. –

Du bist damit immer so sorglos, und wenn Du unwohl bist, werden gleich so starke Mittel angewendet. Sorge nur, daß Du recht gesund und frisch zu uns heimkehrst. Ich habe, so viel ich konnte alles gelesen, was mir Bericht von Deinen Erlebnissen gab; und wenn ich es noch erlebe, mußt Du mir mündlich noch manches ergänzen. – Im Ganzen bin ich aber froh, daß Du die ganze Geschichte hinter Dir hast, und bereichert an mancher Lebenserfahrung und Menschenkenntniß heimkehrst. ||

Da ich nicht weiß ob Du meinen Brief, den ich poste restante nach Venedig geschickt erhalten hast, so benachrichtige ich Dich noch, daß ich Dir darin auch die für Dich aus Wien erhalten 150 Mark anzeigte, die ich in unsere Rechnung eingetragen habe.

Unser guter Karl erlebt in diesem Monath in der Erinnerungb des vorigen Jahrs viel schwere Tage, Montag wird Siegfried ein Jahr; und dem 29ten ist Claras Todestag.. – –

Hoffentlich bekommen wir bald recht gute Nachricht von Dir, daß Dir es wohl geht, und Dein Wunsch nach Medusen erfüllt wird.

Wie immer Deine alte

Mutter Lotte ||

[Beischrift von Karl Haeckel]

Herzlichen Gruß, lieber Bruder.

Ich freue mich, daß Du wieder auf den Beinen bist.

Gestern war ich bei Quincke, der sich sehr nach Dir erkundigte.

Mutter sagt, ich sollte Dir schreiben, Du solltest vorsichtig u. nicht so tollkühn sein!!!

Dein treurer Bruder.

Weißt nicht mir ein Werk über Zoologie für Hermann zu nennen. Er verlangt danach. Das Koch’sche ist nur halb erschienen und ihm zu kurz.

a korr. aus: kommen; b korr.aus: Erinnerungs

Brief Metadaten

ID
36774
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
04.04.1878
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
6
Umfang Blätter
3
Format
14,0 x 21,6 cm; 14,4 x 22,4 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36774
Zitiervorlage
Haeckel, Charlotte; Haeckel, Karl an Haeckel, Ernst; Potsdam; 04.04.1878; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_36774