Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 5. April 1875

Potsdam 5/4 75.

Mein lieber Herzens Ernst!

Herz innigen Dank für Deinen lieben Brief, den ich allerdings mit banger Sorge erwarttet haben [!], und so sehr ich mich auch freue, daß Du glücklich und wie Du mir versicherst, auch gesund heimgekehrt bist, so ist es mir doch betrübend, daß Du Deine Lieben nicht nach Wunsch gefunden hast. So wechselt in diesem Leben immer Freud mit Leid; und wir müssen nur dankbar immer das Gute aufsuchen, das uns zu getheilt wird. Vor allem bitte ich Dich dringend: übernimm Dich nur nicht gleich mit zu viel Arbeit; || damit nicht die gute Wirkung der Reise verlohren geht. Wie leid ist es mir, daß nun fürs erste wohl nicht dran zu denken ist, daß Du zusammen mit all Deinen Lieben zu mir kommen wirst können, worauf ich schon so lange gehofft und mich nach Euch allen gesehnt habe. Hoffentlich wirst Du doch noch kommen können, und besprich esa mal mit Euerem Doctor: ob Du nicht Walter mitbringst. Bekanntlich ist beim Keuchhusten Luftveränderung das beßte Mittel, und ich würde ja den Jungen pflegen wie mein Augapfel. Wenn || er wieder ganz gesund sein wird, bringe ich ihn Euch zurück.

Ich sehne mich sehr nach Dir, bitte also wenn Du, ohne Unbequämlichkeit kannst doch zu Pfingsten zu kommen, bei meinem hohen Alter ist jeder Tag ein Geschenk und man darf nichts verschieben. Also hoffentlich auf baldiges Wiedersehn wie immer Deine alte Mutter

Lotte.

a eingef.: es

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
05.04.1875
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36638
ID
36638