Potsdam 29/10 74.
Lieber Ernst!
Herzlichen Dank für Deine gestern erhaltenen Zeilen. Wenn dadurch auch meine große Sehnsucht nach Nachricht von meinen Jenenser Kindern gestillt wurde, so war sie leider nicht so, wie ich es wünschte: Du selbst unwohl und Deine Frau im Bett. Nun Gott gebe Euch allen bald Genesung. Ich bitte Dich flehendlich vernachlässige Deine Gesundheit nicht und sei vorsichtig, daß Du frisch und munter in den Winter trittst, und quäle Dich nicht mit Gedanken, die nichts nützen. Hoffentlich bekomme ich bald bessere Nachricht von Dir, aber ich bitte dringend, daß Ihr mir immer die Wahrheit schreibt. || Von Tante Bertha hatte ich auch einen Brief, die mir schrieb, wenn Agnes die Sammtjacke nicht in Jena gemacht bekäme, würde Hense es besorgen, sie müsse dazu eine alte Kleidertalge mitschicken, ich finde das sehr umständlich, und die Jacke, die Hense für Clara gemacht, ist eine einfache Rockjacke, die gewiß ganz gut in Jena gemacht werden kann. –
Bei Deinen vielen Arbeiten versäume nur nicht die jetzt eingetretenen Veränderungen einzutragen, die neu angelegten und zu löschen im Buch die verkauften. ||
Heute sah ich in der Zeitung die Liste der Verloosung der Warschau-Wiener nach, und fand auch, daß a eine von Dir dabei ist, Du wirst Du wohl schicken müssen, ich werde Dir die Nummer schreiben, wann ich weiß daß es wichtig ist.
Auch habe ich die Coupons zu Neujahr abgeschnitten, davon wirst Du etwa 150 Thaler einnehmen, Du mußt in Zeiten bestimmen: ob Du das Geld haben willst oder ob es mit den verloosten Warschau-Wienern angelegt werden soll. Vor allem sorge nur daß ich bessere Nachricht über Euer Befinden erhalte. || Karl und Clara sind mit Anna zu morgen Mittag zu Heinnrich eingeladen, wo sie Mutter Minchen treffen.
Nun sei mit Frau und Kinder auf’s herzlichste gegrüßt von Deiner
alten Mutter Lotte.
a gestr.: Du