Berlin 14/2 72.
Mein lieber Herzens Ernst!
So gerne machte ich Dir eine kleine Freude zu Deinem Geburtstag; allein ich weiß nicht wodurch, und dann muß ich offen gestehn; mir ist nicht zu Muthe an dergleichen zu denken; auch werde ich mich mit Schenken fürs erste noch beschränken müssen; meine äussern Verhältnisse müssen sich noch klarer ordnen und mir einen Ueberblick gewähren, wie ich alles eintheilen kann. ||
So schickt Dir Deine alte Mutter nur einen herzinnigen Gruß durch einige Südfrüchte; wo keine Apfelsine mehr Platz hatte, habe ich ein paar Birnen eingesteckt, die unansehnlich aber gut sind, in diesem Jahre wird man ja genügsam in Rücksicht auf Obst. Deine kleinen Putzls werden es wohl nicht übelnehmen, daß ich die Lücken mit Mehlweißchen ausgefüllt habe. – Vor allem wünsche ich Dir, daß Du den Geburtstag || mit Frau und Kinder heiter und vergnügt verlebst. Gott gebe Dir viel Gutes im neuen Lebensjahr und behalte lieb Deine alte Mutter. – – –
Wir haben die letzten Tage wieder in banger Sorge verlebt: Heinerich hatte bei der ganzen Krankheit viel Gliederschmerz, und bekam dann eine Lähmung, daß er weder Füsse noch Arme rühren konnte; heute früh bekam ich nun die Nachricht, die Nacht sei besser gewesen und Heinerich fühle sich auch im ganzen Körper besser, die Hände seien nur noch || steif. Gebe Gott, daß es sich nun zum Besseren neigt. –
Ihr wolltet Euch doch nach impfen lassen, Du schreibst mir nicht, bis ob es geschehn ist? Euere kleine Lisbeth ist wohl noch gar nicht geimpft? – –
Grüß Deine liebe Frau und die Kinder herzlich von mir. Gott sei mit Euch, und erhalte Euch gesund und frisch. Am 16ten wird im Geiste bei Dir sein
Deine
alte Mutter
Auch Karl grüsse ich herzlich. – –