Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 19. August [1871]
Berlin 19ten August
Mein lieber Herzens Ernst!
Dank für Deinen lieben gestern erhaltenen Brief; der mir viel Freude gemacht. Wie sehr lieb ist es mir, daß Du in Deiner Einsamkeit die Freude hattest einige Tage Deinen Freund Allmers bei Dir zu haben, und daß Du mit ihm hast einige Tage wandern können, und auch dabei gesehn hast, daß auch in unsrer Nähe schöne Natur ist, und es nicht immer so fern braucht gesucht zu werden. || Dann freue ich mich, daß heute Deine liebe Frau heimkehrt, Gott gebe: recht gekräftigt und frisch, damit Euer häusliches Leben sich nach Wunsch wieder aufbaut.
Diesmal hatte ich rechtes Verlangen von Dir und den Deinen zu hören; aus Deinem Brief sehe ich aber, daß ich Dir wohl Deinen letzten Brief nicht beantworttet habe, daß mußt Du meinem alten Kopf zu gute halten, der immer jetzt recht dumm ist, mir wird das Schreiben recht schwer. Der Brief hat sich nicht wieder hier sehn gelassen, und ich hoffe er || kommt gar nicht. −
Gestern bekam ich einen Brief von Deiner alten Gönnerin Frau Weiß aus Sassnitz, wo sie mit der Beirich, deren beiden Nichten und dem kleinen Ernst Albrecht ist. Sie scheint sehr befriedigt von ihrem dorttigen Aufenthalt, und läßt Dich besonders grüssen. Sie denkt den 7ten September wieder hier in Berlin einzutreffen. – Mich freut es sehr, daß es ihr dort so gut gefällt, sie war hier vor ihrer Abreise sehr verstimmt, und fühlte sich sehr unbefriedigt. − ||
Schon gestern wollte ich Dir schreiben ließ es aber, weil Du wünschtest von unsern Potsdammern zu hören, und ich Karl bestimmt erwarttete, da er versprochen hatte, in dieser Woche herzukommen; wie es jetzt ist, kann ich Dir nicht sagen, nach den letzten Nachrichten war Ernst besser; aber Julius noch krank und der kleine Max habe auch Stickhusten; Georg ist auch noch nicht ganz gut, aber es scheint mir doch besser. –
Wenn Ihr das Wetter wie hier habt, so zieht Ihr mit Regen ein, nun wenn nur in Euerem Hause Sonnenschein ist, das wünscht
Deine alte Mutter.