Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 15. [Oktober 1868]

Berlin d. 15.

Mein lieber Ernst!

Erst heute komme ich dazu Dir zu danken für Deinen Sonntag erhaltenen Brief. So sehr ich mich freue, daß es Dir mit Frau und Kind gut geht; so konnte ich doch nicht schreiben, es war zu unruhig zu viellerlei; ach und wir hatten auch mal wieder eine rechte Angst durchzumachen. Doch ich will versuchen Dir von allem zu schreiben: Freitag Nachmittag kam Karl und brachte den kleinen || Georg mit; Sonnabend zu Mittag waren Onkel Julius mit Bertha und Adelheid, Tante Gertrude und Tante Bertha und Heinnrich mit Gertrud hier, es waren 12 Personen. –

Der kleine Karl mußte um 3 Uhr zum Zahnarzt, der ihm zwei Zähne auszog, die so stark bluteten, daß ich in Todesangst war, weil ich das Blut nicht stillen konnte; Karl war ich [!] nicht zu Hause. Als es gar nicht aufhörte, ließ ich Friedrich || zu Quincke fahren, der denn auch gleich mit herkam; Einsprützung machte, wo noch eine Masse geronnenes Blut aus dem Magen kam; Quincke war sehr sorgsam und nett, blieb bis 12 Uhr. Natürlich war nicht dran zu denken, daß Karl Sonntag nach Potsdam konnte; Quincke beobachtete den Jungen, der furchtbar elend aussah, gab ihm Tropfen und erlaubte, daß er gestern Nachmittag nach Potsdam fuhr, Gott gebe, daß es gut gehe. – Montag zu Mittag hatte sich Karl Richter hergebeten, || Tante Bertha kam auch. Nachmittag fuhr Karl mit Georg heim, und heute bekam ich von ihm den Brief, worauf ich geschrieben habe, Dir muß ich es doch mittheilen; sprich aber mit niemand davon. Die beiden Exemplare Deines Buches liegen sorgsam eingewickelt, und Du kannst drüber verfügen; ich sagte gleich zu Karl, unser Exemplar könntest Du auch noch verwenden und wir brauchten mit Karl, das worin Flecke sind; Karl meint, das ginge nicht, || weil Vater schon ein paar kleine Bleistiftstriche drin gemacht hat; Richter meinte das sei zu unbedeutend und könne mit Gummi ausgewischt werden. Eben habe ich vom kleinen Karl einen Brief bekommen, wonach er gut angekommen ist, und ohne Examen in die selbe Klasse wie in Landsberg gekommen ist. Vater klagt etwas über Seitenschmerzen, ist sonst wohl. – Morgen zu Mittag wird Frau Professor Weiß mit ihrer Nichte aus Skeuditz bei uns sein, auch Tante Bertha. Behalte lieb

Deine Mutter

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
15.10.1868
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36395
ID
36395