Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 6. – 7. Oktober 1868

Berlin d. 6ten

October

Mein lieber Herzens Ernst!

Wie sehr freue ich mich mit Euch, daß bei Euch alles so gut geht; auch daß Agnes die Freude hat, ihr Kindchen selbst zu nähren; durch diese Liebesdienste wächst Mutter und Kind immer mehr zusammen. Nun, bitte ich aber, Agnes auf’s dringendste, sich auch ganz darnach zu halten, und ja nicht zu früh aufzustehn. –

Daß die gute Mutter unwohl ist, thut mir herzlich leid, ich wünsche ihr baldige Besserung! ||

Auch Du, mein alter Junge, hast Schnupfen, den schaffe nur bald ab; ich quälle mich schon seit 3 Wochen mit solchen hartnäckigen Schnupfen, wie ich ihn noch nie gehabt.

Den 7ten Wenn Du mir auch nicht mehr so oft schreibst, so mußt Du mir doch von Zeit zu Zeit sagen, wie es Dir mit Frau und Kind geht. –

Wie viel Angst und Sorge mußt Du und die liebe Mutter gehabt haben; da Ag-||nes so lange hat aushalten müssen, und wie müssen wir alle dem lieben Gott danken, daß das liebe Kind Euch gegeben und erhalten ist. In den schweren Stunden, wo Du so gebangt hast; ist Dir es wohl nahe getreten, was es heißt: mit unserer Kraft ist nichts gethan etc etc. –

Viel Glückwünsche von Verwandten und Freunden bekomme ich für Euch; so waren heute Richter und Frau, Auguste Brunnemann hiera, die Euch Beide herzlich grüssen. || Auch war vor einigen Tagen Frau Sturm aus Landsberg hier, die erzählte mir viel von den Kindern: die 3 kleinen Jungen wären reizend; Anna lobte sie sehr, beimb Examen sei ein Hemde gewesen, was Anna ganz allein genäht habe, und so sauber und nett daß sie sich drüber sehr gefreut habe; auch wäre man in der Schule mit Marie jetzt sehr zufrieden. Ich weiß nicht ob ich es Dir schon geschrieben habe, daß || Karl seit Sonnabend vor 8 Tagen bei uns ist; c nächsten Sonnabend kommt Vater Karl und wird Sonntag seinen Karl nach Potsdam bringen, wo er beim Professor Meier in Pention kommt und dort das Gyminasium besuchen wird. – Im Ganzen finde ich den Jungen sehr viel besser, aber es wird so wohl gut sein, daß er mal in andere Umgebung kommt; Karl ist theils zu peinlich und dann wieder zu heftig. Möge es so gut sein. || Der Junge läßt Dich herzlich grüssen. –

Hast Du seit Dein Kindchen gebohren ist, wohl mal an Mutter Minchen geschrieben, sonst thue es doch, sie ist jetzt wieder in Frankfurt. In Ziegenort ist noch immer große Noth: Bernard und die 3 Jungen sind auch krank, Bertha erholt sich langsam. Grüsse nur Agnes auf’s herzlichste, und dem kleinen lieben Jungen gieb einen Kuß von

Deiner

alten Mutter

Lotte.

a eingef.: hier; b gestr.: zum; eingef.: beim; c gestr.: No

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
07.10.1868
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36390
ID
36390