Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, [Berlin], 16. – 21. [Februar 1868]

Den 16ten Abend.

Mein lieber Herzens Sohn!

Im Geiste bin ich heute den ganzen Tag bei Dir gewesen; daß es mir Bedürfniß ist noch ein paar Worte an Dich zu schreiben; obgleich es schon 11 Uhr ist und Vater eben zu Bette gegangen ist. Wie hast Du, mein Herzens Ernst, den heutigen Tag verlebt? Ich habe Gott wieder von Herzen gedankt, daß er Dich mir geschenkt hat; und er mag ferner Dich behüten. – ||

Mit neuer Lebenshoffnung wird Dir auch der heutige Tag besser vergangen sein; freilich bleibt immer der Ernst und Wehmuth. Gegen Abend besuchte uns Aegiedi, der zur Kammer hier ist, er sagt er komme uns für Dich seine herzlichen Wünsche zu bringen, die ich Dir bestellen solle. Mich freute es, daß er Deiner gedacht hat. Aegiedi kommt nach Bonn an Pertes Stelle. ||

Tante Gertrude und Jacobis kamen zum Abend. – Heute früh besuchte uns auch Endemann mit seiner Frau; auch war heute Nachmittag zum Kaffe Frau von Kessel, geb. von Bassewitz, ein paar Stunden bei uns. Also viel Besuch, so daß ich Dir nicht schreiben konnte, aber ich war doch immer bei Dir. – Nun aber gute Nacht Dir und Deiner Agnes. – ||

Den 21sten

Diesen Morgen, mein lieber Ernst, erhielt ich Deinen so sehnlich erwartteten Brief, wofür ich Dir herzlich danke. Wie leid ist es mir, daß sich Agnes grade an Deinem Geburtstag so unwohl gefühlt hat; es würde Dir und auch ihr gewiß wohl gethan haben, wenn Ihr den Tag, wenn auch still und ernst, doch innig gemeinsam hättet verleben können. Uebrigens mußt Du Dich nicht so sehr ängstigen über Agnes Uebelbefinden, das wird hoffentlich bald besser. || Wenn ich Dir für Agnes von hier etwas schicken soll, so schreibe es mir: vielleicht Seefisch, da sie jetzt gewiß kein Fleisch essen mag. –

Daß Dich an Deinem Geburtstag der Brief von Lewes erfreut hat ist mir sehr lieb. – Wird denn der Vortrag, den Du in der Rose gehalten hast, gedruckt?? –

Soll ich Dir für Deine Frau vielleicht etwas Kaffia schicken? ich wollte Euch schon die Apfelsinen senden; aber die sind noch nicht gut. Gestern || hatte ich zum ersten mal welche, sie waren aber sauer und trocken, und theuer. –

Gestern hatte ich zu Mittag Endemann mit der Frau bei uns; ich bat August und Helehne dazu da leider Heinnrich es absagte. Sie scheinen sich gut zu amüsieren. Vater grüßt Dich und Agnes herzlich. Hoffentlich kannst Du uns bald sagen, daß Agnes ihr Zustand leichter wird. Denkt nur beide daran welcher Zuwachs Euer häusliches Glück bevorsteht. Behalte lieb Deine

Alte.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
21.02.1868
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36386
ID
36386