Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 17. – 18. Mai 1869

Berlin d. 17ten

Mai 1869.

Lieber Ernst!

Herzlichen Dank für Deinen lieben, heute früh erhaltenen Brief. Du hast mir dadurch eine große Freude gemacht, freilich hatte ich auch schon recht auf einen Pfingstgruß von meinem alten Jungen gehofft. Daß Agnes unwohl war, thut mir leid, und Deine Versicherung, daß sie wieder ganz wohl ist, freut mich. Sonst geht es Euch lieben ja gut. Gott erhalte Euch ferner so, und möge der kleine Mann die Zähne gut bekommen. ||

Daß ich Dir heute schon wieder schreibe, thue ich hauptsächlich um Dir die frohe Nachricht mitzutheilen, daß in Schlötnitz gestern ein Junge angekommen ist. Heinrich hatte ein Brief von Karl mit dem Auftrag es den Verwandten mitzutheilen. Karl Sethe schreibt nur kurz: Mutter und Kind seien wohl. Möge nur ferner alles gut gehn. –

Als Du hier warst, sagtest Du, Du würdest mit Agnes eine kleine Reise machen, || daraus ist wohl nichts geworden, wie ich aus deinen Brief sehe. –

Vater ist wohl, und hat sich sehr über Karls Kinder gefreut. Gestern waren wir alle bei Tante Bertha zu Mittag (28 Personen). Vater freute sich sehr über den Kinderkreis; die Bleekschen Kinder sind sehr nett, auch Jacobis waren da und unsere 8 aus Potsdam, der kleine Julius ging abends mit Frau Oberheim zurück. Heute früh ist Karl mit seinem Sohn Karl und Anna und Marie nach Mariendorf zu Richters gegangen. – ||

d. 18ten. So weit war ich gestern Abend 8 Uhr als Karl und die Kinder kamen. Zu Mittag waren Hermann, Heinrich, Ernst und Georg bei uns, als wir zu Tische saßen kam der Regierungs Rat Karo und aß noch mit uns. Nachmittag waren die 3 ältesten Knaben mit Jacobis im Zoologischengartten; und der kleine Georg blieb bei mir bis Tante Bertha ihn Abends wieder abholte. Bertha war den ganzen Tag bei Quincke, wo sie jetzt viel ist, seit Frau Quincke krank ist. || Frau Quincke war sehr krank, jetzt ist sie auf der Besserung, kann aber das Bett noch nicht verlassen. – Karl fuhr mit dem 9 Uhrzug mit den 4 Knaben zu Hause, Anna, Marie und Georg sind heute Nachmittag mit Jacobis nach Potsdam gefahren. So ist es auf einmal bei uns wieder still und einsam.

Vorgestern besuchte uns Deine Schwägerin, Mariechen, einen Augenblick, ich freute mich über ihr wohles Aussehn; sie sagte mir, daß sie wahrscheinlich bald mit dem Kindern nach Jena gehn würde || und erbot sich auch, für Euch etwas mitzunehmen, da ist mir nun eingefallen, daß das eine gute Gelegenheit sei, wenn Du etwa Geld brauchst; sonst mit andern Sachen würde ich sie nicht belästigen. Wenn Du Geld brauchst, so schreibe mir in Zeiten wieviel ich Dir schicken soll?? –

Auch beantwortte mir mal die Anfrage: ob ich Dir das Sommerzeug schicken soll? ich möchte es wissen weil ich das Stück verpacken will. – ||

Daß Ihr mit den neuen Mädchen zufrieden seid, freut mich, und ich wünsche, daß es Euch ferner nach Wunsch gehe; besonders, daß das Kindermädchen zuverlässig reinlich und sorgfältig für den kleinen Walter ist; nur leidet nicht, daß er zuviel getragen wird, laßt ihn nur viel auf der Decke liegen; macht er noch keine Anstalten zum Kriechen?? –

Es ist mir recht leid, daß ich den kleinen Mann noch gar nicht gesehn habe. – ||

Vater, der eben vom Spaziergang kommt, läßt Euch herzlich grüssen. Auch von mir die schönsten Grüsse Deiner Agnes, Deiner Schwiegermutter und Clärchen. –

Leb wohl, mein Herzens Junge, und schreib bald

Deiner

alten Mutter

Lotte.

Karl war hier auch im Aquarium. –

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
18.05.1869
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36375
ID
36375