Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 6./7. März 1869

Berlin d. 6ten

März 1869

Lieber Herzens Ernst!

Du hast mir eine große Freude heute gemacht dadurch, daß Du mir Nachricht von Euch gegeben, wornach ich mich so sehr sehnte. Deine Versicherung, daß Ihr drei Lieben wohl seid freut mich herzlich, auch daß Mutter Huschke und Clara gesund sind. Grüsse Beide herzlich. Es scheint ja als hielte die liebe Mutter sich in diesem Winter besser als im vorigen. – ||

Agnes soll sich nur in recht in Acht nehmen, daß sie sich nicht so oft erkältet. Von Herzen wünsche ich ihr, daß sie es mit den neuen Mädchen gut trifft, daß besonders das Mädchen für unsern kleinen, lieben Walter sorgsam und vernünftig ist. Verpimpelt mir den Jungen nur nicht. – Ich kann Dir nicht sagen, lieber Ernst, wie gerne ich Deinen kleinen Lieblings sehn möchte; hoffent-||lich wird mein Wunsch zu Pfingsten erfüllt; daß Du dann mit Frau und Kind kommen kannst. –

Vorläufig will ich mich darauf freuen, Dich im Aprill zu sehn; Du wirst aber nicht rechte Ruhe haben, da Du ohne Frau und Kind kommst; doch Du mußt denken, daß Du Vater eine große Freude machst. – Auch sollst Du uns manches helfen beim Einrichten in der neuen Wohnung, die wir Anfangs Aprill denken zu beziehen, und da laß ich die || Bilder dann ruhig stehn bis Du kommst, die kannst Du dann aufhängen. – Das Finden einer für uns passenden Wohnung hat uns und besonders Bertha, die sehr viel Mühe damit hatte, viel Kopfbrechen gemacht, es ist doch so kurz vor der Ziehzeit, da wollte uns nichts zusagen, und doch sollte möglichst bald Vater die Treppen erspaart werden. Da sind wir dann noch unverhoft zu einer gekommen, die wirklich für Vater sehr zu || passen scheint. Sie liegt in der Victoriastraße in dem verlängerten Theil nach der Potsdammerstraße, wo später hin durchbrochen werden soll, auf der Sonnenseite, erhöhtes Parterre, hinter dem Hause ist ein Gartten; die Stuben liegen ganz bequem für Vater, seine Stube stößt unmittelbar an meine und ana die Schlafstube. Der Thiergarten so nah. Der Herr der die Wohnung jetzt innehat, bekommt eine Dienstwohnung, dadurch || ist die unserige noch frei geworden. – Hulda hatte die Anzeige Mittwoch Abend im Fremdenblatt gelesen, ich ging mit Bertha Donnerstag früh hin, Nachmittags kam Karl, der sie mit Bertha noch mal besah, und dann alles ordnete. Heute war die Wirthin hier, die mir gut gefällt, eine schlichte einfache Frau, und Vater hat den Contrakt unterschrieben. –

Tante Bertha denkt morgen nach Potsdam || zu fahren, da habe ich ihr Deinen Brief geschickt, den sie Karl mitnehmen soll. –

Sonntag. Gestern konnt ich nicht fertig werden, nun will ich heute noch etwas mit Dir plaudern. Wann wir die neue Wohnung beziehen, ist in so weit noch ungewiß; ich hoffe wir finden noch einen Miether für unsere jetzige; ist das nicht so werden wir erst später ziehen, doch läßt sich darüber nichts bestimmen; vielleicht zieht der jetzige Bewohner früher und dann bewerkstelligen wir wahrscheinlich auch || früher unseren Umzug; jedenfalls findest Du uns in der neuen Wohnung Viktoriastaße N. 29 D.–

In diesen Tagen hatte ich einen Brief von Frau Merkel, die schrieb mir sie habe die Hütte verkauft an einen Rechtsanwalt Wölfel. Das wird Dich interessieren, Frau Merkel wohnt jetzt bei ihrem Vater Leisering, seit dessen Frau gestorben ist. –

Gestern besuchte mich Bertha Hildebrand, die || schön grüssen läßt, sie erzählte mir: Du würdest wohl für Dein Museum die ehemalige Prinzheimsche Wohnung bekommen, das wird Dir ja sehr lieb sein. Uebernimm Dich nur nicht beim Umzug; Du bist bei solcher Gelegenheit immer gar zu hastig. – – Hast Du das Weinfaß abgeschickt nach Mühleim an der Mosel. Wenn noch nicht, so vergiß es nicht. – Du mußt es frei machen. – –

Vater grüßt Euch herzlich; in so weit ist es wohl gut, daß die Beängstigungen, die wieder da waren, nun | gehoben sind; aber er ist doch sehr matt; und Nachts quält ihn der Schleim sehr; die Nächte sind überhaupt schlimmer als die Tage. – Wir haben eine unruhige Zeit vor uns, möge Vater sie gut überstehn. Vater freut sich sehr auf Dein Herkommen. Wenn Du auch viel zu thun hast, und daher nicht viel schreiben kannst, so sage mir nur mit wenigen Wortten wie es Euch geht; die Nachricht von unsern Kindern ist ja meine einzige Erquickung. Die Kleinen in Potsdam sind wieder wohl. – Agnes herzlichen Gruß von Deiner alten Mutter Lotte.

a eingef.: an meine und an

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
06.03.1869
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36369
ID
36369