Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 19. Juni 1869

Berlin d. 19/6 69.

Mein lieber Ernst!

Gestern erhielt ich Deinen lieben Brief. So sehr ich mich auch freue, daraus zu ersehn, daß Ihr drei Lieben gesund und zufrieden seid, so betrübt es mich doch sehr, daß Dein Freund Gegenbauer noch immer so viel Sorge um seine Frau hat.

Hoffentlich bleibt es jetzt auf der Besserung. Auch Hildebrand scheint sich ja nur langsam zu erholen, das war auch so nach der früheren Krankheit. ||

Die Sendung der russischen Pappiere ist seiner Zeit richtig angekommen, und habe ich sie gleich zum Bankie gebracht, und werde nächstens die neu angekauften abholen. –

Daß Du wieder so große Reisepläne hast thut mir leid, ich hatte mich schon so lange darauf gefreut Dich mal orndlich einige Wochen mit Frau und Kind bei uns zu haben; und nun || willst Du solch weite Reise machen; Du bringst dann doch erst Agnes und Walter zu uns, die dann wohl in Deiner Abwesenheit bei uns bleiben, ich sehne mich sehr Deinen lieben Jungen zu sehn; und dann wird es mir auch lieb sein, mal recht mit Agnes mich einzuleben. Aber Dich will ich auch haben. –

Deine Briefe an Karl habe ich gleich gestern hin geschickt. – ||

Tante Bertha wird Euch vielleicht nächstens mal besuchen, sie hat dazu Lust, und will Euch vielleicht den kleinen Karl bringen. –

Hier verreist fast alles. Tante Gertrude hat bis jetzt nicht gekonnt, weil sie öfter unwohl war. ||

Onkel Julius ist am vorigen Montag mit seinem Töchtern Bertha und Adelheid und Anna Reimer nach Kissingen gereist. Heinnrich wird mit seiner Frau morgen noch Harzburg gehn. Ende des Monaths wird Helehne Jacobi mit ihren Kindern und Bertha Peters mit Eduard nach Sulze in Thüringen gehn. – So fliegt alles aus.

Der kleine Georg, der heute bei mir ist, sagt schreibe an Onkel Ernst ich || laß ihn grüssen, und Mittwoch als Vater weg war ist Tante Bertha gekommen, hat mich mit her genommen und wir waren im Wildpark und auf Charlottenhof, bei Herrn Moos Kaffe getrunken, und wir haben Brunners Gartten gesehn. –

Doch der kleine Kerl will alles mögliche geschrieben haben, das wird zu viel. Was macht denn Deine liebe Schwiegermutter; Du schreibst || nichts davon, hoffentlich ist sie wieder ganz wohl, grüsse sie herzlich von mir; auch Gegenbauer und Hildebrands, hoffentlich geht es bei beiden jetzt besser.

Vater hält sich gut, und Du wirst Dich freuen, wie er sich erholt hat; manichmal spricht er noch davon er wolle nach Jena, er müsse Dich besuchen und seinen Enkel sehn; es thut mir leid, daß er es sich versagen muß; aber er kann wirklich nicht reisen; für [ihn] ist am || beßten in seiner gewöhnlichen häuslichen Ordnung. Er hat oft rechtes Verlangen nach Euch, und besonders nach dem Kleinen. Gott erhalte Euch gesund, grüß und küsse mir Deine Agnes und Deinen Jungen, und behalte lieb

Deine

alte Mutter

Lotte.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
19.06.1869
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36363
ID
36363