Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 12./13. Januar 1870
Berlin 12/1 70.
Mein lieber Ernst!
Mit der größten Sehnsucht habe ich von einem Tag zum andern gehofft bessere Nachricht von Dir zu bekommen, als die letztere war. Bis jetzt aber vergebens; da wart Ihr, Lieben, ja alle unwohl. Nun hoffentlich geht es jetzt besser, und Ihr sagt mir bald wie es Euch geht?
Mir geht es auch viel besser, und Vater ist selbst heute beim Schnee spazieren gegangen. Beim Fahren war es wohl kalt aber schöne frische Luft. Ich freue mich nur, daß ich wieder Vater begleiten darf. – ||
Gestern war Karl ein paar Stunden hier, er sah wohl aus, und sagte auch Clara sei wieder wohl, den Kindern ging es auch im Ganzen gut, einige wären noch erkältet, auch Heinerich sei gestern wieder zur Schule gegangen, der sei sehr heiser gewesen; und habe mehrere Tage zu Hause bleiben müssen. –
Nun muß ich aber auch bald wissen, was meine jenenser Kinder machen, also 1) ist mein Ernst wieder ganz gesund? kann er wieder Coleg lesen? wenn es noch nicht gut ist, nimmt er sich denn wohl in Acht? || 2) ist sein Frauchen wieder ganz frisch? und was macht sie? und 3) sagt mir nur vor allen Dingen recht viel von unserem lieben Putchen? ist er wieder ganz wohl?, herzt und küßt ihn nur für mich.
Donnerstag. Kaum hatte ich gestern angefangen mit Euch, Lieben, zu plaudern da kam Tante Auguste und Tante Bertha und blieben den Abend hier, auch Herr und Frau Giesel kamen, so daß wir einen belebten Abend hatten. – Auf dem Wege her war Tante Bertha gefallen, und hatte sich die Nase etwas verletzt; sie ließ mir aber heute sagen es gieng besser. − ||
Heute sah ich in der Zeitung, daß in Jena heute das Hundertjährige Bestehn der Universitätsconzerte gefeiert wird; da dacht ich recht an Euch, wenn Ihr gesund seid, werdet Ihr doch daran Theil nehmen. Da wird wohl heute der kleine Naumann eine wichtige Rolle spielen. –
Vater grüßt Euch herzlich, und ich bitte Dich, liebe Agnes, Deine liebe Mutter und Clara freundlich von mir zu grüssen. –
Nochmals die Bitte: schreibt recht bald. –
Gott sei mit Euch!
Wie immer Euerer [!]
alte Mutter
Lotte Häckel.