Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 7. Januar 1870
Berlin 7/1 70.
Lieber Herzens Ernst!
Schönen Dank für Deine heute erhaltenen Zeilen, wie leid thut es mir aber, daß Du, mein lieber Ernst, auch unwohl bist; und auch Agnes und unser klein Putchen erkältet sind. Die ganze Häckelei scheint das Jahr nicht sonderlich anzufangen; doch wir wollen nicht klagen, und zufrieden sein, wenn nur alles gut vorübergeht. –
Dich bitte ich dringend, mein lieber Ernst, schone Dich nur recht. Du solltest auch nicht in so kalten || Räumen arbeiten; wärst Du hübsch am Neujahrstag mit Deiner Frau warm gekleidet zur Kirche gegangen, dann würdest Du Dich nicht so erkältet haben. –
Hoffentlich bessert es sich nach dem Schnupfen bald mit Dir. – In Potsdam sind sie auch alle wieder wohl, wie mir vorgestern Clara schreibt; Karl konnte nicht schreiben, auch in dieser Woche nicht herkommen, weil er viel zu thun habe, da er ein neues Decernat hat. –
Mit meiner Gesundheit bessert es sich auch etwas; der Husten ist nicht || mehr ganz so heftig und hart, und der heftige Kopfschmerz hat auch nachgelassen.
Uebrigens zähre ich noch an der Freude, die mir Dein Hiersein gebracht; es war mir doch eine große Freude, daß ich mal so traulich mit Dir plaudern konnte, wenn es ja auch nur so flüchtige Augenblicke waren, die uns vergönnt waren. Ach, und wie glücklich macht es mich, daß Du Dich in Deinem Hause so glücklich fühlst; das ist ja das Köstliche in der || Ehe, daß die Gemüther immer mehr innerlich zusammen wachsen. –
Und so werdet Ihr, meine beiden Lieben, immer mehr den reichen Seegen des häuslichen Lebens an auch [!] selbst empfinden. – – –
Gestern Abend brachte ein Bursche Drucksachen von Deiner Pikbesteigung, hatte aber gleich gesagt er solle sie wieder mitbringen, wenn Du nicht hier seist; ich sah es mir nur flüchtig an, es schien Corektur zu sein. Agnes, Walter und Dir einen innigen Kuß von
Euerer alten
Mutter Lotte.
Gute Besserung! Schreib bald.