Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 29. August 1870

Berlin 29/8 70.

Mein lieber Ernst!

Heute früh erhielt ich Deinen lieben Brief, wofür ich Dir herzlich danke. Daß Du krank warst thut mir sehr leid; nimm Dich doch recht in Acht; ich denke immer das thust Du nicht genug. Hoffentlich ist es nun wirklich wieder ganz gut, freilich ist auch das Wetter dazu angethan, solche Leiden zu bereiten, heute ist es hier so, daß Vater || gar nicht aus der Stube gekonnt hat; das will viel sagen, wir sind schon manche Tage in Sturm und Regen gefahren. Ich tröste mich immer in dem Gedanken, daß das Wetter für die armen Verwundeten besser ist, als wenn wir Wärme hätten. Von Potsdam wirst Du wohl direkt benachrichtet sein, daß am Sonnabend, den 27sten der lang erwarttete || Junge angekommen ist. Tante Bertha ist gleich Sonnabend hingereist, von ihr bekam ich heute einen Brief, darnach geht alles gut. –

Von allen Seiten hört man jetzt von den schmerzlichen Verlusten; ach und es wird ja wohl um Paris noch zu einer Schlacht kommen müssen; wenn nur das Gewebe von Trug und Lug erst zu Boden geschlagen wäre. – ||

Ich habe einige schwierige Tage vor mir: morgen kommt der Töpfer und setzt den Offen in meiner Stube um, da bin ich mit der ganzen Habseligkeit bei Vater. –

Grüsse und küsse mir Deine Frau und Walterchen herzlich. – Bitte sage mir bald wie es Dir geht. Gott behüte Dich und Dein Haus.

Komm so bald Du kannst zu Deiner

alten Mutter

Lotte.

 

Briefdaten

Verfasser
Empfänger
Datierung
29.08.1870
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36317
ID
36317