Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 6. September 1870

Berlin 6/9 70.

Mein lieber Ernst!

Von einem Tage zum andern habe ich Dich mit Sehnsucht erwarttet, und statt daß Du herkommst bist Du nun schon auf der Reise nach Liverpool; wie ich aus dem heute von Deiner lieben Frau erhaltenen Brief sehe. Als der Brief heute kam, hatte ich einen rechten Schreck, da es nicht Deine Handschrift war, und ich fürchtete, Du seist wieder krank. Nun, Gott sei Dank, Agnes versichert mich ja || Du wärst wieder ganz wohl, ich bitte Dich aber dringend, nimm Dich auf der Reise recht in Acht vor Erkältung und biete Deinem Magen nicht zu viel mit der schweren englischen Kost, Dein Magen hat Dir ja in den letzten Jahren manichmal zu schaffen gemacht. – Agnes schreibt mir Du würdest 2 Tage in Bonn bleiben, und da beeile ich mich Dir noch einen mütterlichen Gruß zu schicken. ||

Aber, mein lieber Herzens Ernst, gestatten die Kriegszeiten Dir auch jetzt solche Reise zu unternehmen? ich bitte Dich dringend sei recht vorsichtig, und vermeide alles, was Dir Gefahr bringt. Gott schütze und behüte Dich! Gestern habe ich Dir erst nach Jena geschrieben, über die Siegesfreude hier am Sonnabend, den Brief hast Du natürlich nicht bekommen, da Du ja nach Agnes Aeusserung || schon heute in Bonn eintriffst. Nun grüsse mir meine liebe alte Guste und die beiden Töchter herzlich. Vater ist wohl, und grüßt schön. In Potsdam geht es gut, Karl war Sonnabend im Fluge hier, er hatte, zu meiner großen Freude, einen Brief von dem Doctor aus Ilmenau, der sehr gut über Karlchen berichtet, Gott gebe daß es so fortgeht. – Gieb uns nur fleissig Nachricht, darum bittet dringend Deine alte Mutter

Lotte.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
06.09.1870
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36313
ID
36313