Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, [Berlin], 13. November 1870

Sonntag 13/11 70.

Lieber Ernst!

Gestern erhielt ich Deinen Brief, wofür ich herzlich danke. Wenn Du nun schon durch meine letzten Zeilen an Agnes erfahren hast, daß es Vater besser geht; so will ich Dir dies doch gleich wiederholen; im Ganzen müssen wir ja zufrieden sein; nur ist Vater sehr schwach. –

Heute zu Mittag war Tante Bertha hier, und Nachmittag kam Deine Schwägerin Clara, worüber ich mich sehr freute. – || Clara sagte mir: es ginge Marichen gut, die Kleine, die die vergangene Nacht unruhig gewesen sei, wäre aber kräftig und gesund. Deiner lieben Schwiegermutter ging es auch besser, aber sie sei den Schnupfen noch nicht ganz loos. –

Da es regnete fuhr Tante Bertha mit Clara in der Droschke zu Haus. Kaum waren sie weg, so kam Ernst Reimer um seine Schwägerin || abzuholen. Alle lassen Euch schön grüssen. –

Daß Ihr eine Gesellschaft gehabt, freut mich. – Ich wünsche aber sehr, daß Ihr mehr geselligen Umgang haben möchtet; Ihr werdet mir sonst zu einseitigt. –

Habt ihr Hildebrands gar nicht gebeten? Und wird es sich nicht machen, daß Ihr mit Gegenbauers so freundschaftlichen Umgang bekommt? mir ist doch als wenn die Frauen sich mehr verständen. ||

Du kannst wohl denken, mein lieber Ernst, daß mir es heute sehr durch den Sinn gegangen ist, was Du mir von Wien geschrieben. Wenn ich auch die Ansicht habe, daß es für Euch Beide vielleicht recht gut ist, wenn Ihr mal auch an einen [!] andern Ort leben müßt, so kann ich doch nicht leugnen, daß ich Euch ungern in Oestereich oder Russeland wissen möchte. –

Nun vielleicht ist die Sorge ungegründet. Du schreibst mir nichts von Walterchen, er ist doch wohl. Seid alle drei

innigst gegrüßt von Eurer Mutter Lotte.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
13.11.1870
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36308
ID
36308