Haeckel, Charlotte

|Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 2. – 3. Mai [1867]

Berlin d. 2ten Mai

Mein lieber Herzens Sohn!

Hoffentlich treffen diese Zeilen Dich gesund in Jena, und Du hast alle Fährlichkeiten der Reisea glücklich überstanden. Nach diesem wechselvollen Leben wird Dir es wieder wohl sein, wenn Du in geregelter Berufsthätigkeit bist; denn auf die Dauer befriedigt doch dies unstätte Umherschwärmen, und die selbst geschaffene Thätigkeit nicht. − − ||

Hierbei überschicke ich Dir: Das Zeug zum Sommeranzug, und wünsche, daß es Dir so recht ist, es soll ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk sein. Dann erhältst Du die gewünschten Bücher. – Ferner packe ich Dir ein paar Deskaer ein, die ich Weihnachten für Dich aufgehoben habe. Dann schicke ich Dir für Dich eingegangenen Anoncen mit, wozu ich die Recension Deines Buchs gethan habe, dabei findest || Du in einem gelben Couvert, das Zettelchen, welches Mutter Minchen mir für Dich geschickt hat, damit Du siehst, b was sie Bertha gegeben hat. – Ich habe Bertha zu Weihnachten ½ Schock Leinewand geschickt.

Jetzt, mein lieber Ernst, freue ich mich schon immer auf Dein Herkommen, Du mußt nur ja gleich nach Schluß Deines Colegs kommen; denke doch wie lange wir Dich entbehrt haben; und die Zeit wird ja getheilt zwischen uns und Karl. – ||

Frau Huschke ist jetzt hier zur Pflege ihrer Tochter, der es gut geht, und ihr Töchterchen gedeiht auch. Agnes ist mit der Mutter hier. Zu meinem Leidwesen war Frau Huschke als sie uns besuchte auf unserer Treppe gefallen beim Weggehn, doch ist es glücklich abgelaufen, und war schon besser als Marie in Wochen kam. − Frau Huschke sagte mir ihre Tochter habe ihr geschrieben: Bertha habe die Blumen gleich von ihr geholt, sie habe der Tochter geschrieben: Dein Silber || solle sie bis zu Deiner Heimkehr aufheben. –

Soll ich Dir Geld schicken, so schreibe mir wie viel. – Unsere Berechnung lassen wir wohl, bis Du hier sein wirst. – –

Vater spricht noch oft davon, daß wir auch diesen Sommer Dich besuchen sollen, ich denke das besprechen wir, wenn Du hier bist. Ich wollte Dir Wein und sonst noch einige Wirthschaftssachen schicken, ist Dir das recht? c willst Du nicht mit Deinem Wirth sprechen ob er Dir nicht in Deinem Keller einen || kleinen Vorschlag zu Weind machen läßt, das ginge jetzt am beßten nun der Keller leer ist. – Schreibe dann wenn ich es schicken kann. – –

Den 3ten. Ich denke mir, daß Du heute oder morgen in Jena ankommen wirst, und da beeile ich mich, diese Sachen abzuschicken. Der kleine Karl wird morgen nach Stettin fahren, wo Bertha Petersen morgen sein wird, und ihn dann mit sich nach Ziegenort || nehmen wird, wo er einige Wochen sein soll. Vater, der Dich herzlich grüssen läßt, wollte Dir auch schreiben, meint aber eben, er wäre heute nicht zum Schreiben geneigt und wolle erst ein Brief von Dir abwartten. Schreibe uns nur recht bald. In Potsdam geht es auch etwas besser. Nun, mein lieber Herzens Ernst, lebe recht wohl und denke fleissig an

Deine

Dich so innig liebende

Mutter Lotte. ||

Diesen morgen war ich bei Ernst Reimer, und fand seine Frau wohl und munter; Georg Reimer war auch oben und sagte mir sein Bruder Dieterich sei heute früh von Paris gekommen, habe aber erst den Abend vor seiner Abreise gehört, daß Du dort seist, und habe Dich deshalb nicht aufsuchen können. –

a eingef.: der Reise; b gestr.: daß; c gestr.: und, d gestr.: Weihn; eingef.: Wein

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
03.05.1867
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36276
ID
36276