Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, [Berlin, 8. – 10.] Februar 1866

Februar 1866

Mein lieber Herzens Ernst!

Du weißt ja wie meine Gedanken und mein Herz immer mit Dir beschäftigt ist; aber so ganz besonders zieht es mich zu Dir, wenn Dich Freud oder Leid bewegt. Wie gerne möcht ich diese Tage mit Dir verleben; doch das geht nicht! aber im Geiste bin ich bei Dir, auch in Schmerz um die Heimgegangene wollen wir dankend uns freuen wie viel uns in ihr gegeben war. Mir ist es als habest Du jetzt mehr Kraft, mit Ergebung zu tragen, was Gott || geschickt hat. – Sehr glücklich macht es mich daß Du solche Befriedigung in Deiner Berufsthätigkeit findest. So gebe Gott, daß auch das neue Lebensjahr ein recht gesegnetes für Dich sei. –

Den 9ten Gestern gegen Mittag kam August Merkel mit seiner Mutter zu uns. August war hier zu einem Feste was der Baurath Hitzig gab; er ging deshalb, die Mutter blieb bei uns zu Mittag, und heute Mittag haben beide bei uns gegessen. || August läßt Dich recht herzlich grüssen, Du sollst ihm nicht böse sein, daß er Dir nicht geschrieben; er habe Dir aber so viel zu sagen, daß er nicht schreiben könne; er habe daher schon längst mal nach Jena gewollt, und wird es bald ausführen. – Wie mir scheint, muß er noch immer sehr Rücksicht auf seine Gesundheit nehmen, doch habe ich mich gefreut mit welcher Ruhe und Besonnenheit er alle seine Angelegen-||heiten ordnet. –

Den 10ten Heute geht es Tante Bertha etwas besser, Sie ist zwar noch sehr matt, sie läßt Dich herzlich grüssen; ich war einen Augenblick bei ihr, weil schon Gertrud von Begelien und Gertrude Sethe aus Potsdam bei ihr gewesen waren. Diese Beiden haben heute Mittag mit Julius bei uns gegessen; und sind um 5 Uhr nach Potsdam gefahren. Tante Adelheid ist gestern nach Sobernheim gereist, wo vorgestern das zweite Töchterchen || angekommen ist; wir bekamen heute auch von Theodor eine Anzeige, worin er uns auch bittet, es Dir und Karl bekannt zu machen. –

Hoffentlich ist Dir, mein lieber Ernst, beikommendes Bild lieb, was ich für Dich habe machen lassen; ich schicke es heute, weil ich Dir auch Apfelsinen mit schicken will, die ich nicht gerne länger liegen will lassen. Mögen sie Dir gut schmecken. –

Vater ist wohl, nur wie immer sehr beschäftigt; zum Briefschreiben findet er selten Zeit.

Nach den letzten Nachrichten waren sie in Landsberg wieder wohl; die 4 Kleinsten haben die Windpocken gehabt, der kleine Georg am schlimmsten; der hat aber auch a in der selben Zeit 2 Backzähne und 2 Augenzähne bekommen; er sei noch matt und verdrießlich, wie Herrmine schrieb. ||

Auf Dein Herkommen, mein lieber Ernst, freue ich mich sehr; Du mußt nur so bald Du kannst, kommen, damit Du nicht so kurze Zeit hier bist.

Hast Du denn schon Deinen Vortrag in Weimar gehalten? Grüsse Gegenbauer, Hildebrandts, Schleichers etc herzlich von mir. Vater grüßt Dich herzlich.

Behalte lieb

Deine

Dich so innig

liebende Mutter

Lotte.

a gestr.: zu

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
10.02.1866
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36246
ID
36246