Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes und Ernst Haeckel, Berlin, 9. Oktober [1867]

Berlin d. 9ten Oktober

Liebe Kinder!

Dies mal habt Ihr lange auf Nachricht wartten müssen, aber ohne meine Schuld. Da immer nicht das zum Mitschicken von Marie kam, schickt ich vorgestern hin, und da brachte mir Marie gestern beifolgende 2 Briefe und das Packet; so soll es denn nun auch gleich weg damit Du das Zeug zum Rock bekommst, Deine Colegen fangen wohl bald an? Inschwischen [!] wirst Du wohl die kleine Kiste, worin 18 Flaschen Nahwein sind erhalten haben; ich bin mit dem Wein zufrieden, glaube aber nicht, daß er sich lange || hält, Ihr müßt ihn also zu erst verbrauchen und lieber den Moselwein aufheben, der auch besser und theuerer ist.− Damit nun zu nächst alles Geschäftliche beseitigt werde, will ich bitten mir bald die Kiste, die ich angefangen habe zu packen, fertig zu machen, und per Fracht zu schicken, es soll darin noch das Eingemachte, was im Keller auf dem untersten Brette steht, dasa auf den oberen Brettern ist für Agnes; b || wenn die Kiste nicht voll wird, bitte ich leere Flaschen zu zu packen.

Vater ist ganz munter und freut sich schon mit mir auf Euer Herkommen zu Weihnachten; ich bin auch gesund, habe nur viel Kopfweh, weiß nicht ob es noch von dem Fall ist oder vom Schnupfen, an dem ja jetzt jeder leidet.− − Vorigen Sonnabend kam Abends Karl zu uns, er sieht doch besser aus als in Jena; er hatte seine drei Freunde: Meier, Forkel und Aegidi zu Sonntag Mittag zu uns gebeten, c Tante Bertha || kam auch, es war ein sehr netter Mittag; ich wollte, Du wärst dabei gewesen. Karl reiste Montag früh mit Tante Bertha und seinem Sohn Karl wieder nach Landsberg. Tante Bertha wird dort bei den Kindern sein während Frau Superintendent Oberheim hier zur Hochtzeit ihres Sohnes ist. Der kleine Karl scheint doch besser zu sein, ich hoffe, der regelmässige Schulbesuch soll ihm gut thun. ||

Vater hatte immer noch nicht die Idee noch den Herbst nach Landsberg zu reisen, aufgegeben, und meinte er müsse die Kinder sehn, und doch fand ich es nicht rathsam bei dem Wetter, und überlegte mit Karl ob nicht der kleine Heinerich mit der Oberheim komme und Sonntag mit Lischen zurückreise; ich schickte nun Hulda gestern auf den Bahnhof Heinerich zu holen, und mit ihm kam zu unser Ueberraschung auch Ernst. || Es ist sehr nett, daß die beiden Jungen hier sind; Vater freut sich sehr darüber. –

Deinen Brief an Mutter Minchen und die Geschwister gab ich gleich, als er ankam an Heinerich, und schickte ihn dann an Helehnen, die ihn der Mutter schicken wollte. – Bei dieser Gelegenheit erinnere ich Dich noch, lieber Ernst, verschiebe die Beantwortung der Danksagungsbriefe nicht zu lange, leichter beantwortten sie sich einem frisch. – ||

Wohl kann ich mir denken, daß Euch Beiden und namentlich Dir, liebe Agnes, recht wohl in der eignen Häuslichkeit sein wird, nachdem Ihr die Reisewochen genossen habt. Möge immer viel Freude und Friede bei Euch heimisch sein, und Ihr in Gesundheit das Gute geniessen, was Gott Euch verleiht. –

Vater grüßt Euch herzlich. ||

Oft denke ich der Mutter Huschke und bitte mit meinem herzlichsten Gruß ihr zu sagen, sie solle sich bei der Pflege von Bertha nur nach Möglichkeit schonen; solche lange Krankenpflege greift sehr an. –

Und nun, liebe Kinder, seid noch aufs innigste gegrüßt von

Euerer

alten Mutter

Häckel.

Hat sich der Schlüssel von Gegenbauers Stube gefunden? Sonst bitte ich auf meine Rechnung einen machen zu lassen.

a eingef.: das; b gestr.: der Raum; c gestr.: ich hatte

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
09.10.1867
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36244
ID
36244