Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 20. April 1868
Berlin den 20sten
Aprill 1868.
Lieber Ernst!
Soviel ich auch Deiner und Agnes gedacht habe, so konnte ich doch in der mancherlei Unruh nicht zum Schreiben kommen. Gestern früh sind nun unsere lieben kleinen Gäste abgereist. Ach wie gerne hätte ich Euch auch hier gehabt; und besonders hätte ich gewünscht, Agnes möchte die Kinder sehn, die im Ganzen alle sehr lieb und nett waren. – ||
Deine Correkturbogen, mein lieber Ernst, habe ich mit Aufmerksamkeit gelesen, und finde die Sache ganz verständlich; ich finde es nur immer so komisch, daß Ihr Gelehrten Euch immer sträubt Gott anzuerkennen, er [!] dreht und windet Euch, wenn Ihr mit Eeurer Forschung nicht alles ergründen könnt, sprecht von Naturkräften und sonst allerlei; müßt doch ein höheres Wesen anerkennen; denn das fühlt Ihr doch alle recht gut, wie wir hier abhängig sind, und all unser || Thun und Sein unvollkommen ist. Doch genug hier von: Karl wird genug tüfftelen und bekrittelelen, er hat hier etwas drin gelesen, und ich mußte ihm gestern durch die Kinder es hinschicken, er wolle Dir schreiben. Daß Bertha den Dienst bei Euch verlassen will, kommt mir nicht unerwarttet, ich habe mir immer gedacht, daß es nicht lange gehn würde, und wie Mutter Minchen mir sagt hat sie schon vor einiger Zeit nach Frankfurt um einen Dienst geschrieben. Wenn Du, meine liebe Agnes, || sie auch in mancher Beziehung ermissen wirst, so ist es doch auch sehr gut, wenn Du Dir alles nach Deinen Wünschen einrichten kannst, und es ist besser sie zieht zu Johanni als zu Michaeli. Ich wünsche nur daß Du ein wackeres Mädchen bekommst.
Nun will ich versuchen, von den letzten 14 Tagen noch einiges mitzutheilen. Ich habe Euch wohl schon geschrieben, daß Tante Bertha als sie in Landsberg war, sich Marie mit herbrachte, und a Sonntag d. 29sten März, || wo Karl auf ein paar Stunden hier war, brachte er Ernst und Georg mit, die bei Tante Bertha wohnten; die andern Kinder kamen mit Frau Oberheim Sonnabend den 4ten Aprill; Karl und Hermann schlieffen bei Tante Gertrude, Frau Oberheim, das Mädchen mit unserer Anna und dem kleinen Julius in der Balkonstube; und Heinerich bei Hulda in der Stube. Donnerstag kam Karl, der auf Vaters Sopha schlief, aber leider schon Dinstag nach Ostern weg musste. Palmsonntag waren alle Kinder und die Schwestern bei uns zu Mittag, Onkel Julius mit seinen Töchtern auch; ersten Ostertag waren || wir mit allen Kindern in Potsdam, es war Eiersuchen; auch waren wir etwas im Gartten, wo sich das junge Volk tüchtig herumballte, von den Alten einige als Onkel Julius etc tüchtig mit. –
Mittwoch, den 14ten ist Marie Bleek mit ihren Kindern und Hedwig in Potsdam angekommen; und hier bei Jacobis Bertha Petersen mit ihren vier Kindern; Donnerstag Mutter Minchen bei Tante Gertrude, deshalb schlief in den letzten Nächten Karl auf Vaters Sopha. – Sonnabend war bei Tante Bertha || grosses Familiendiner, die Potsdammer etc im Ganzen 33 Personen. Es war sehr nett, in der großen Stube war an 3 Tischen gedeckt, und alles war sehr gelungen; nach Tisch spielten die Kinder, groß und klein, auf dem Ballkon. – Gestern früh sind die Landsberger abgereist, und heute früh bekam ich schon von Karl ein paar Zeilen, daß sie glücklich angekommen seien. Ich wollte Euch gestern Abend schreiben, aber Tante Bertha kam mit || Hedwig, die bei ihr wohnt, zum Thee, und als sie weg waren, war ich zu müde. Heute früh hatte ich einiges in der Stadt zu besorgen, und zu Mittag waren hier: Mutter Minchen, Bertha Petersen, Heinnrich, Tante Bertha und Hedwig; Tante Gertrude durfte nicht ausgehn, da sie gestern recht unwohl war; heute ist es besser. – –
Onkel Julius hat zu Michaeli eine Wohnung gemiethet in dem Hause neben Tante Bertha. – || [Briefschluss fehlt]
a unleserlich gestr.