Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 28. September – 3. Oktober 1868

Berlin d. 28sten

September 1868.

Mein lieber Ernst!

Vorgestern Abend erhielt ich die 5 Bücher von Georg Reimer, und habe gleich an Virchow und von Marthens geschenkt, Beide sind noch verreist; Karls und das 5te werde ich aufheben; für unseres danke ich Dir schön, ich werde es auch lesen, und sehen wie viel davon für eine alte Frau verständlich ist. –

Gestern ist das Bild vom Glaser gekommen, a es ist recht gut, || ich habe 4½ Thaler bezahlen müssen; ich finde es daher nicht zu viel, weil die großen Gläser immer theuer sind. Heute ist nun auch endlich aus der Färbe das Kleid der Frau Hildebrand gekommen, frage sie doch ob ich ihr die Kleider durch die Post schicken soll?

Sonnabend. Heute finde ich in meinem Schreibtisch diesen angefangenen Brief, den ich längst in Deine Hände glaubte; daß es nicht ist hat sicher-||ich Dein Junge veranlaßt. Heute ist der erste Tag, wo ich nichts von Deiner Frau und Deinem Kinde erfahren habe; hoffentlich geht es beiden gut: Agnes soll sich nur recht in Acht nehmen, und Du sollst mir nicht zu viel mit dem Jungen spielen, daß Du ihn nicht aufregst, hast Du denn bei Deiner medecinischen Laufbahn nicht gelernt; in den ersten 6 Wochen muß das Kind nur Trinken, Schlaffen und Trockengelegt werden. Du hast uns noch nicht mal geschrieben: welche Augen der || kleine Kerl hat. Hoffentlich bekommt es der Mutter Huschke doch gut, und sie strengt sich nicht zu sehr an. Wegen den Kleider von Frau Hildebrand ist alles besorgt, ich habe sie gleich nach ihrem Wunsch zur Post geschickt; zum Einpacken habe ich ein altes Bettuch benutzt und gebeten, es an Agnes zu geben; eins habe ich oben in die Kiste auf den Wein gelegt, da Agnes alte Bettücher jetzt gut brauchen kann. – Deinem Wunsch gemäß habe ich heute || gleich den Wein zur Eisenbahn geschickt: Du erhälst in der Kiste: 8 Flaschen guten Moselwein, 6 Flaschen Oberingelheimer, die sind aus meinem Keller. Dann habe ich vom Kaufmann 2 Flaschen rothen und 2 Flaschen weißen Wein genommen, ersten a 10 sg. und den weißen a 7½ sp. Diese 4 Flaschen liegen oben auf und sind an der Etikette zu erkennen. Der Kaufmann versichert er sei gut, er hatte noch wohlfeileren naumburger, der sei aber nicht gut zu versenden. – ||

Ich habe Dir nicht den Preis geschrieben, daß Du es berechnen sollst, sondern bloß, daß Du es mit dem dortigen Wein vergleichen kannst. – Du wolltest Madeira oder Ungar für Deinen Jungen haben, dem mußt Du keinen Wein geben, dessen Keller heißt Agnes! – – –

Die Anzeigen habe ich gestern gleich zur Zeitung geschickt, und heute schon in der Nationalzeitung gelesen, in die Vossische wird es auch || stehn, die halte ich nicht. – An Mutter Minchen hast Du doch wohl geschrieben? Sobald es angeht, werde ich Dir von dem Mosel ½ Ohm Wein bestellen, ich wartte nur noch weil ich zugleich ½ Ohm für Karl bestellen will, und erst wissen muß, ob aus seiner Versetzung noch was wird. – Solltest Du aber vorher noch mehr brauchen, so schreibe nur, ich schicke Dir dann noch ein Kistchen, ich hatte nur jetzt keine größere Kiste; auch hätte sie dann Friedrich nicht wegbringen können, was || ja hier in Berlin immer so umständlich und kostbar ist. –

Grüsse Deine liebe Frau und Schwiegermutter herzlich von mir. Was sagen den Agnes Schwestern zu dem kleinen Jungen? Gott sei mit Euch! Von Herzen wie Immer

Deine

alte Mutter

Lotte

a gestr.: das

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
03.10.1868
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 36223
ID
36223