Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 7. Juni 1862
Berlin 7/6 62
Mein lieber Herzens Ernst!
Heute früh kam Dein Brief an. Wie sehr ich mich mit Dir freue, kann und brauch ich Dir nicht zu sagen, du weißt ja wie lieb ich Dich habe. Nun Gott gebe ferner seinen Seegen, daß es Dir immer wohl ergehe. Nun steuern wir also wohlgemuth auf die Hochzeit los. Gestern früh kam Karl von Dort-||mund, wohin Vater ihn zur Generalversammlung der Westphalia geschickt hatte, hier an, und machte Vater den Vorschlag, bei ihm das Pfingstfest zuzubringen, Vater entschloß sich dann auch rasch und so sind beide denn gestern Abend abgesegelt; es that mir nun heute früh sehr || leid, als Dein Brief kam, daß sie sich nicht gleich mit mir freuen konnten; ich ging nun aber gleich zu Tante Bertha ließ Tante Gertrud bitten auch hin zu kommen und theilte ihnen nun meine Freude mit, beide nahmen herzlichen Theil und wünschen Dir Glück; dort machte ich Deinen Brief zu für Vater und Karl, und steckte || ihn im Briefkasten, es war noch vor 11 Uhr, so daß sie nun wohl schon den Brief haben werden. Hartmanns habe ich in ein Freicouvert auch weg geschickt. –
Den an Georg Reimer brachte ich selbst hin, er war zur Konverenz nach Potsdam, ich gab ihn der Frau die sich mit mir herzlich über den Professor freute. ||
Du fragst was für Pläne für den Sommer seien?: Quincke wünscht, daß Karl seines Halses wegen Ems braucht, er wird also dahin Anfangs July, und wenn es angeht wird Hermine ihn begleiten, Häckel denkt dann auch hinzugehen und die meiste Zeit in Bonn bei Bleeks zu sein, und ich werde in Freienwalde bei den Kindern || sein. So ist bis jetzt der Plan; zum August finden wir uns dann alle in Berlin ein, Gott gebe gesund und heiter. Zum 2 Pfingstfeiertag sind wir nach Potsdam eingeladen, und wenn nichts dazwischen kommt, werde ich früh mit Gertrude den Extrazug benutzen, und den Tag bei Julius etc sein. || Heinrich soll recht wohl zurückgekommen sein. Tante Adelheid denkt nächstens mit Bertha auch in den Harz zu reisen, Tante Bertha wird unterdessen in Potsdam sein. Hedwig Bleek ist vorigen Dienstag nach Bonn abgereist, und Helene Jacobi nach Pirmont; eine Kousine der Karo, Frl. von Scheftlin || ist bei Jacobis Kindern . –
Die Karo ist wieder abgereist vor 8 Tagen. Vorgestern hatten wir Besuch vom alten Dr. Schwarz aus Merseburg der hier durch nach Pommern in seine Heimath reiste. Er sah sehr wohl aus, war auch heiter und zufrieden; sein Sohn Heinrich ist Professor in Breslau; und seine Tochter ist glücklich || verheirathet mit einem Doctor in Kölleda . Wir waren mit dem Dr. Schwarz im Zoologischen Gartten, was uns viel Freude machte, possierlich war der kleine Elephant, der Tags vorher angekommen war. –
Nächsten Dienstag wird in Schmelze bei Mutter Reimer Taufe sein, Tante Bertha und Theodor Bleek sind auch dazu eingeladen und werden mit || den alten Reimers dort sein. –
Emma Reimer , Diederichs Frau begegnete mir heute, sie nahm herzlichen Theil an dem neuen Professor. Nun, lieber Professor muß ich Dir für heute lebe wohl sagen, auch als Professor mußt Du so lieb behalten wie immer
Deine
alte Mutter
Lotte.