Haeckel, Charlotte; Haeckel, Carl Gottlob

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 1. 6. Mai 1856, mit Nachschrift von Carl Gottlob Haeckel

B. 1ste Mai 56.

Mein lieber Ernst!

Deine Sachen stehen nun fixs und fertig gepackt, und ich wartte zur Absendung nur noch auf das bei D. Reimer bestellte Buch, das hoffentlich bald kommt. Sei beim Auspacken der Sachen nur vorsichtig, die Rolle Papier habe ich in den braunen Rock gewickelt; und die Mancherlei Kleinigkeiten, die ich doch nicht so in den Sack packen konnte, findest Du in der Botanisirtrommel, die Du behutsam || auspacken mußt; ich habe diese statt ein Kistchen genommen, weil ich dachte Du könntest sie doch vielleicht brauchen. In der weißen Dose ist die Zahnpaste.

3/5 Gestern besuchte uns Lachmann auf einen Augenblick, sein Finger ist auf der Besserung, er läßt Dich schön grüßen. Vater ist in der geographischen Gesellschaft, wo die Briefe von Schlagenweits über den Himalaija sollen vorgelesen werden; dabei denke ich recht || an Dich, das würde Dir Freude machen. Nun so Gott will, daß wir zum Herbst wieder beieinander sind, wollen wir das Beisammensein den Winter recht geniessen. Mir fehlst Du freilich sehr, aber der Sommer geht ja rasch vorüber, 14 Tage bist Du nun schon weg. Halte Dich nur immer gesund und frisch, und sei vorsichtig. – – –

Heute war ich wieder bei Reimer, das Buch ist noch nicht da, zum Montag ist es nun versprochen, ob es kommt, das ist eine andere Frage. ||

Vorgestern war Theodor hier, er ist gesund und erkundigte sich sehr theilnehmend nach Dir.

Den 6ten. Endlich ist der Sack für Dich diesen Abend abgeschickt, ich war heute früh noch bei D. Reimer. Das Buch war noch nicht angekommen, und da es auch ungewiß war wann es käme, so meinte Herr Schmidt, ich solle Deine Sachen nur abschicken, er würde das Buch || Dir direkt unter Kreuzband schicken, das koste nicht viel. Nun wünsche ich nur, daß alles gut ankommt. Bange bin ich daß etwa die Leberwurst verdorben ist, weil es so lange gepackt steht. Sollte das sein, dann iß sie ja nicht, das ist ungesund. –

Recht sehr verlange ich nach Nachricht von Dir, wie es || Dir geht und wie Du lebst. – –

Heute ist nun endlich ein Brief aus Freienwalde angekommen, wonach sie Sonnabend Nachmittag hier eintreffen werden. Wie Hermine schreibt ist sie und Karoline a unwohl gewesen in Folge zu frühen Zumachens der Klappe; den Kindern habe es nicht geschadet. –

Die Karo ist noch hier und bleibt auch noch, sie trinkt hier Karlsbader Brunnen. –

Von Prediger Simon hatte || Häckel neulich einen Brief, er läßt Dich herzlich grüßen und wird zum October uns besuchen. Marie ist auf ein Jahr als Lehrerin der Musik nach Titendorf gegangen. Die Karo meinte doch die Söhne von Simon machten sich jetzt recht gut. Wenn Du nicht schon geschrieben hast, so thue es recht bald, mich verlangt sehnlichst nach Nachricht. Tante Bertha liegt zwar noch, aber ich finde ihr Aussehn ist doch besser. Nun, leb wohl, || mein Herzens Sohn, halte Dich gesund und frisch, und sei im Pfingstfeste recht vergnügt. Wirst Du eine kleine Tour machen, wenn sich das Wetter bessert, hier ist es sehr kalt, wir müssen wieder heizen. –

Mit der innigsten Liebe umarmt Dich

Deine

Mutter.

[Nachschrift von Carl Gottlob Haeckel]

Noch einen Gruß, mein lieber Ernst!

In der letzten geographischen waren die Briefe von Schlagintweit nicht besonders intereßant. Man wollte sie von b Nepal nicht nach Tibet einlaßen. Kiepert trug die Ermittelungen über die Möglichkeit eines Kanals durch die Landenge von Panama vor, es muß ein großer Tunell durch die Senkung der Cordilleren gemacht werden. Besonders intereßant war ein Vortrag des Botanikers Profeßor Koch über die Wege von Batum und Redutkale nach Tiflis in Mingrelien, das Land durch feuchte Wälder sehr ungesund, auch die Thiere bekommen das Fieber, sogar die Hühner und sterben sehr bald.

Dein Alter Hkl.

a gestr.: sehr; b gestr.: Butan

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
06.05.1856
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36136
ID
36136