Haeckel, Carl Gottlob; Haeckel, Charlotte

Carl Gottlob Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 24. August 1868, mit Nachschrift Charlotte Haeckels

Berlin 24 | August 68.

Mein lieber Ernst!

Soeben haben wir Deinen Brief aus Nürnberg erhalten. Wir sind nun schon 14 Tage wieder hier und haben uns so ziemlich eingerichtet. Es ist inzwischen kühler geworden und es fängt an, herbstlich zu werden. Wira haben in diesen Tagen eine große Freude gehabt. b Carl ist bei uns gewesen auf c 2 Tage, ist aber wieder zurük. In Cüstrin bei dem Auditeurd Sethe war Kindtaufe. Da ist Heinrich Sethe mit seiner Braut zum Patenstehen gefahren und auch Tante Bertha war hingegangen. Tante Bertha wollte aber noch am Sonnabend zu Carl nach Landsberg, wo sie gestern geblieben sein wird, wir erwarten sie heute zurük. Wir sind nun wieder so ziemlich eingelebt. Ich mache früh und Abends meine Spatziergänge und bringe Abends von 9 Uhr ab bei der Mutter zu. Um 10 Uhr wird schlafen gegangen. Die Rükfahrt von Jena hirher gieng ganz glüklich von Statten, Abends um 10 Uhr warn wir hier, und fanden Hilde vor, die den Thee zurecht gemacht hat. Die folgenden Tage wurden wir von unsern Verwandten bewillkommt. George Reimer ist von seiner Reise nach Italien trotz der großen Hitze, die er ausgestanden, sehr erbaut. Er ist am Comer See, in Mailand und auf dem Engadin gewesen und sehr entzükt von der südlichen Natur des obern Italiens und seiner Vegetation. Jetzt lebt er wieder in gewohnter Weise weiter. Es sind noch viele verreist, in 8 Tagen geht der August zu Ende, da werden auch die Bekannten wieder eintreffen. Den 11 September wird Heinrich Sethes Hochzeit mit seiner Cousine Gertrude Sethe aus Potsdam sein. Da wird Carl wieder herkommen; Ueber Carls Anstellung in Potsdam ist noch nichts entschieden. Der Aelteste nach der Anciennität soll sie erhalten. e Diese wird nach dem Tage, wo dief Candidaten das große Examen gemacht haben berechnet und dieses ist bei Carl schon im Jahr 1852 geschehen. Sein Freund Wenzel ist im Justizministerio angestellt und hat ein Auge auf die Sache. Ich glaube nicht, daß sich ein Älterer einfinden wird, der diese Stelle erhält und so wird sie wohl Carln zufallen, was Mutter mir und allen hiesigen Verwandten höchst angenehm und erfreulich sein würde, indem wir nun Carl und die Kinder in der Nähe hätten. Erhält er aber auch diese Stelle, so wird er sie vor dem 1 Jan. 1869 schwerlich antreten, so daß Du ihng aber zu Weihnachten schon treffen wirst. – Ich lebe wieder meinen Studien und zwar lese ich jetzt Ritters Europa, das mich zugleich an Deine Reise nach Marocco durch Spanien erinnert. Spanien ist doch ein sehr eigenthümliches Land || von den größten Contrasten, während das obere Italien gleichmäßiger ist. Ich denke dann an die römische Geschichte von Mommsen zu gehen, die ich mir schon zurechtgelegt habe und so wird es mir für diesen Herbst an Lektüre nicht fehlen. Im Hintergrunde steht dann das große Werk v. Ritter aus mehreren Bänden bestehend, worinn Asien und besonders Indien sehr hervorgehoben wird, so daß ich immer Beschäftigung habe. – Der Uebergang zum Herbst wird in diesen Tagen sehr fühlbar und ich werde bald den wärmern Rok vertragen, während Du noch das südliche Clima zu genießen haben wirst. A Dieu für heute. Grüße unsern Freund Allmers, den ich herzlich lieb habe.

Dein Dich liebender Vater Haekel

[Nachschrift Charlotte Haeckels]

Lieber Ernst!

Herzlichen Dank für Deinen Brief, wornach mich sehr verlangte; nun erhielt ich auch zugleich mit Deinem einen von Deiner lieben Frau, die mir schreibt, daß sie recht wohl sei; auch sagt sie mir, daß Bertha sehr aufmerksam für sie sei, dash freut mich sehr, und ich fühle mich veranlaßt bei der Gelegen||heit, Dich zu bitten, daß Du später ja Bertha recht ermahnst, daß sie alle mögliche Rücksicht nehmen muß, daß Agnes keinen Aerger hat, wenn sie das Kindchen nährt. –

Karl kam vorigen Donnerstag hier an, um mal wegen der Versetzung zu sprechen, und ist Sonnabend früh um 5 Uhr wieder abgereist; zum Glück hatten wir Mittwoch ein Gewitter, und ist esi kühler seit dem, was gewiß für die vielen Kranken gut ist, denn die Hitze war zu unnatürlich. Ich bin || hier schon von man manchem gefragt, besonders vom Brautpaar ob Du nicht zur Hochzeit die den 11ten September sein soll, hier sein würdest. – Wie ist es wird das sein? Karl denkt auch her zu kommen; wie würde ich mich freuen meine beiden Jungen hier zu haben. Nun wie Gott will. – Sorge macht es mir, daß Bertha Petersen krank ist, Gott gebe Besserung. – Grüsse Deinen lieben Reisegefährten von mir; geniesse Gottes schöne Welt, aber sei vorsichtig, denke an Frau und Kind und an Deine alten Eltern!

Deine Mutter Lotte.

a gestr.: Ich; eingef.: Wir; b gestr.: Er; c gestr.: ein; d eingef.: Auditeur; e gestr.: Nun ist Carl; f korr. aus: sie; g eingef.: ihn; h korr. aus: daß; i eingef.: es

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
24.08.1868
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35951
ID
35951