Hans Meyer an Ernst Haeckel, Leipzig, 3. Januar 1902

BIBLIOGRAPHISCHES INSTITUT

LEIPZIG, 3.I.1902.

Herrn Prof. Dr. Ernst Haeckel,

Jena.

Lieber Papa

Als Du mir vorgestern den Entwurf zum Inhalt Deiner als Ergänzung der „Kunstformen der Natur“ gedachten „Formenkunde“ zeigtest, sagte ich wenig dazu, da mich Dein neuer Plan sehr überraschte. ||

Es war bisher immer nur von einer die ästhetische Betrachtung die Kunstformen der Natur enthaltenden Einleitung zu dem Bilderatlas die Rede gewesen, und ich hatte mir natürlich diese Einleitung im Format des Bilderatlasses gedacht, dem sie als Heft 11 beigelegt werden sollte.

Nun aber hast Du einen ganzen selbstständigen Band vor, in kleinerem Format, mit zahlreichen Textbildern; ein Buch, in dem die ästhetische || Betrachtung nur den Schlussabschnitt ausmachen soll. Das wollte mir, offengestanden, zuerst nicht recht in den Sinn. Aber je mehr ich mir die Sache überlege, desto annehmbarer erscheint sie mir unter dem Gesichtspunkt, dass das geplante Buch einena ganz selbstständiger Band bilden wird, den wir in gemeinverständlicher Form, Ausstattung und Format unsrer Bandserie der „Allgemeinen Naturkunde“ anreihen können. Der Band müsste || dann aber trotz vieler Verweisungen auf das Bilderwerk „Kunstformen der Natur“ so unabhängig gehalten sein, dass er auch als selbständiges Werk gelesen und gekauft werden kann, ohne den Bilderatlas. Das wäre die Hauptsache. Man könnte dann ja das ästhetische Kapitel dieses Bandes nochmals im grossen Atlasformat setzen und es dem Atlas als Einleitung beigeben. Wer sich dann für noch weiteres als diese ästhetische Einführung in die Kunstwelt der Natur interessiert, wird || sich auch den Band „Formenkunde“ kaufen; wer nicht, der spart die ziemlich grosse Nebenausgabe.

Also: Ich begrüsse sehr für unsern Verlag eine von Dir geplante „Natürliche Formenkunde“ (in der wohl auch die anorganischen Formen nicht ganz fehlen dürften), die sich unsrer „Allgemeinen Naturkunde“ anreihen würde. ||

Aber wir dürfen diesen Band nicht als einen Teil oder eine notwendige Ergänzung des Bilderatlas Kunstformen der Natur herausgeben; das würde den Absatz beider sehr beeinträchtigen. Nur das ästhetische Kapitel aus dem Textband dürfte dem Atlas als Einleitung in Gestalt eines I. oder II. Atlasheftes beigegeben werden.

Den Band „Formenkunde“ aber könnten wir dann sehr schön mit zahlreichen neuen Textbildern aus allen || Gebieten der anorganischen und organischen Natur illustrieren, so dass er auch ohne den Atlas der Kunstformen der Natur ein selbständiges, vielseitig reizvolles Buch gibt.

Ich bitte Dich, Dir diesen Modus procedendi zu überlegen und mir, wenn Du ihn annehmbar findest, eine Aufstellung über Inhalt und Umfang des Buches zu machen, damit ich es buchhändlerisch kalkulieren lassen kann. Wenn die || Kalkulation günstig ausfällt, was ich nicht bezweifle, könnte sofort an die Ausführung gegangen werden. Einen Zuschuss zu einem derartigen Werk brauchten wir keinesfalls, sondern das Bibliographische Institut würde gern ein Autorenhonorar in die Kalkulation einstellen. Lass mich bitte Deine Wünsche wissen. –

Mit herzlichem Gruss

Dein Hans.

a korr. aus: ein

Brief Metadaten

ID
35852
Gattung
Brief ohne Umschlag
Verfasser
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
03.01.1902
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
8
Umfang Blätter
4
Format
13,8 x 22,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35852
Zitiervorlage
Meyer, Hans an Haeckel, Ernst; Leipzig; 03.01.1902; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_35852