Hans Meyer an Ernst Haeckel, Leipzig, 27. Februar 1891
DR. HANS MEYER.
BIBLIOGRAPHISCHES INSTITUT.
LEIPZIG, DEN 27.2.91.
Liebster Schwiegervater
Gestern Abend bin ich von meiner Frankfurter Hetzjagd wieder heimgekehrt, und heute früh kam Dein Brief an Mama mit der knappen Einlage für Lisbeth, ausa dem ich zu meiner Freude ersehe, dass es unserem kranken Jenenser Mutterchen || stetig besser geht.
Lisbeth hat inzwischen ihre Leipziger nähere und weitere Vetternschaft kennen gelernt und ihr glücklicherweise einen erträglichen Geschmack abgewonnen. Ich fürchtete sehr das Gegentheil, denn mir ist die Mehrzahl dieser angeheiratheten Leipziger Basen und Onkel ganz || unausstehlich. Heute ist nun Bet- und Bußtag in Sachsen; da habe ich meinen Schatz ganz allein für mich und werde ihn heute Abend in unser alljährliches grosses Kirchenkonzert führen. Morgen wollen wir unsre ersten Brautbesuche machen, Sonntag damit fortfahren (falls wir nicht Gretel in Dresden besuchen) und Montag abschliessen, um || den Sonntag darauf in Jena dieses erfreuliche Geschäft wieder aufzunehmen. Dienstag früh will Lisbeth nach Jena zurückfahren.
Meinen Vater habe ich in Baden-Baden nicht aufgesucht, da ich baldigst wieder in Leipzig sein wollte. Ich schreibe ihm jetzt in der Wohnungsangelegenheit, die mir noch einige Sorge macht. Leb recht wohl.
Mit herzlichsten Grüssen an Mama
Dein treuer Sohn
Hans.
Vonb Blascheeks und Haacke soll ich Dich bestens grüssen.c
a eingef.: aus; b eingef.: von; c Text kopfüber fortgesetzt am oberen Rand von Seite 4: Von … grüssen.