Heinrich Haeckel an Ernst und Agnes Haeckel, Jena, 17. August 1892

Jena, 17. Aug. 92.

Liebes Silberjubelpaar!

Zur Feier eurer silbernen Hochzeit bringe ich euch hiermit meine allerherzlichsten Glückwünsche dar: mögen Dir, liebe Tante in dem neuen Vierteljahrhundert der Ehe, das jetzt beginnt und hoffentlich ebenso glücklich abläuft wie das verflossene, Gallensteine, Migräne, Catarhe und dergl. üble Dinge vollständig unbekannte Gäste sein; möge Dir, lieber Onkel, nie wieder die leiseste An|wandlung von Gicht kommen, möget ihr vor allem in ungetrübter Frische des Geistes weiterhin in unserem lieben Jena reiche Fülle glücklicher Tage verleben.

Leider habt ihr euch jeglicher Ovation durch die Flucht nach Kissingen entzogen, und damit allen denen, die an diesem Tage etwas auf dem Herzen hatten, die Möglichkeit entzogen, es auszusprechen. So wie Allen auch mir, der ich lange Jahre in eurem Hause die weitestgehende Gastfreundschaft genießen und euch in aso lieber vieler Hinsicht zu lebhaftem Danke verpflichtet bin.|

Damit ihr nun wenigstens seht, wie das Fest sich hier gestaltet hätte, lege ich das von mir zu diesem Zweck eigens angefertigte Programm bei. Nach bewährtem Muster – wieviel Braten habe ich bei euch mitgegessen, von denen Du, lieber Onkel behauptet, Du habest sie geschossen, wie viel Fische, die Du gefangen, wie viel Vögel, die Du selbst erlegt – nach diesem Muster darf ich mir wohl auch erlauben, eine Reihe von Zeichnungen beizufügen die ich zu größerer Deutlichkeit des Verlaufs des Festes gemacht habe, vielleicht daß sie euch in Kissingen an einem Regentage| eine heitere Stunde bereiten.

Hier herrscht eine wahrhaft tropische Hitze, gestern 28° Réaumur im Schatten; seit 4 Tagen droht ein Gewitter, ohne zum Ausbruch kommen zu können. In der Stadt ist Alles nach dem aufregenden Bismarcktage wie ausgestorben, so daß ich mich schon auf die Zeit freue, wo Du, lieber Onkel, ebenso, wie Du uns den Altreichskanzler hergebracht, uns nun auch einmal Caprivi oder unseren jugendlichen „Heldenkaiser“ zur Abwechslung einlädest. – Also noch einmal meine herzlichsten Wünsche! Mit treuesten Grüßen euer dankbarer Neffe

Heinrich

a eingef.: so

Brief Metadaten

ID
35616
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
17.08.1892
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
11,0 x 17,7 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35616
Zitiervorlage
Haeckel, Heinrich an Haeckel, Ernst; Jena; 17.08.1892; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_35616