Heinrich Haeckel an Ernst Haeckel, Wijnendale, 22. November 1915
Wynendaele, 22. Nov. 1915
Liebster Onkel!
Heute, an Großvaters Geburtstag sende ich dir herzlichste Grüße. Ich sitze noch immer an der Yser; bald viel, bald weniger zu thun; – worüber demnächstiger Rundbericht Näheres bringt. – Wie lange wird der Krieg noch dauern? Die Frage liegt Jedem auf der Zunge. Obwohl ich für meine Person baldiges Ende und Rückkehr zu geordneter Friedensarbeit ersehne; dürfen wir doch noch nicht aufhören, bevor wir wenigstens den gründlichen Versuch gemacht haben, England am Suezcanal und in Calais an die Wurzeln seiner Macht zu packen. Die wunderbare Entwicklung des Krieges nach dem Balkan und || damit nach dem Orient hin läßt das Beste erhoffen. Dafür, daß in dieser Richtung weitergestrebt wird, müssen wir die Ost- und Westfront so gesichert haben, daß wir an dritter Stelle weiter vorgehen können: eine grandiose Leistung. Und wenn der englische Giftbaum auch noch nicht auf Einen Hieb fallen wird, so müssen wir doch zur definitiven, späteren Abrechnung Alles soweit vorarbeiten, als es irgend möglich ist. – Hier ist seit einigen Tagen der Winter eingezogen, gut für unsere Soldaten im Schützengraben, da stehen sie nicht mehr so tief im Wasser wie bisher. – Laß Dir den Winter nicht zu einsam werden, und die Sorgen um den Krieg deine Tage nicht zu sehr verdüstern! Herzlichste Grüße
dein treuer Neffe Heinrich