Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Ziegenrück, 10. September 1854

Ziegenrück

10 September 54

Lieber Junge!

Heut erhältst Du nur einen eiligen Brief, da morgen Deputations-Sitzung anfängt und ich doch gern den Brief noch vor Deiner Abfahrt in Deinen Händen wüßte. Du schreibst nämlich: Esmarch wolle mich besuchen – Das freut mich ungemein; sehr lieb wäre mir aber, wenn er sich vorher a annonciren könnte, damit ich mir die Tage frei halte, u. nicht ausgeflogen bin. Denn, wenn das Wetter gut u. der Junge munter ist, wollte ich mit Frau u. Anna den 20 u. 21.st ins Schwarzathal.

Sage es ihm also, er sei mir sehr willkommen. Theile ihm doch auch mit wie er reisen muß: über Apolda u. Neustadt – dort im Löwen von 11½ Abends bis früh 6 Uhr übernachten, u. dann per Post nach Poesneck.

Uns geht es, Gott sei dank, in den alten Räumen recht wohl; wir freuen || uns sehr wieder in der alten Häuslichkeit zu sein, und schwelgen bei schönen Herbsttagen in dem Genuße der schönen Umgegend, die Anna‘s Erwartungen noch weit übertrifft. Jungelchen ist munter, nur seit gestern etwas an Magensäure leidend. Doch können wir heute gleichwohl einer Einladung des Landraths zu Mittag nach Ludwigshof folgen, ohne besorgt zu sein. Anna bleibt zurück bei Carlchen. Das kleine Wesen entwickelt sich recht u. plappert viel. Sein ta – ta – ta läßt er oft zu lieblich erschallen, u. ist meist recht fidel.

Die Wohnung ist im Neuanbau noch nicht ganz fertig, namentlich an den Treppen zum Durchgang vom Flur aus wird noch gearbeitet. Die neue Schlafstube werden wir noch bis zum Frühjahr austrocknen lassen müssen. Die Logierstuben sind aber im Stande u. wir freuen uns sehr auf jeden Besuch. Anfang October || werden wohl Ruts und Wilde auf einige Tage herkommen. Letzteren besuchte ich auf der Rückreise in Zeitz, er war verreist. – Nach Zeitz ginge ich gern; man redet mir allgemein zu, mich zu melden, sobald eine angemessene Stelle offen wird u. ich sehe ein, daß es doch besser ist, die weite Entfernung von den Verwandten ist doch fatal, u. das Klima rauh. Aber es wird mir schwer werden von der Gegend zu scheiden. – Doctor‘s bleiben vor der Hand noch hier, in Merseburg ist Kriegk doch ernannt. Krüger sieht doch elend aus u. hat wiederholt Brechanfälle, die ihn angreifen. Der Sitz des Uebels soll im Lungen-Magen-Nerv sein.

Mies und Anna grüßen bestens u. wünschen Dir fortdauernd recht viel Vergnügen auf Helgoland! Deine Briefe, die ich bis zum 2/9 erhalten, interessiren uns sehr. Ade, alter lieber Bruder, in treuer Liebe Dein

Karl. ||

Willst Du nächstens eine Sendung Molche nach Berlin haben? Sie kommen nun wieder.

Bei gutem Wetter thut Esmarch am besten von Pößneck her zu gehen, unter 2 rℓ bekommt er kaum 2 Spänner. Die Sachen kann er ja karren lassen oder auf die Post geben.b

a gestr.: etwas; b Nachschrift am Rand von S. 1: Bei gutem … Post geben.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
10.09.1854
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 35428
ID
35428