Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, [Berlin, vor 16. Februar 1862]

Mein lieber Herzens Sohn!

Leider habe ich Dich nicht bei uns, und so muß ich Dir schriftlich meine herzlichen Wünsche bringen. Wahrscheinlich wird das neue Lebensjahr für Dich ein sehr wichtiges; in demselben wird sich nach unseren Wünschen, Deine Berufsthätigkeit fest begründen und Du wirst Dir ein häusliches Glück gründen. Zu beiden gebe Gott Dir seinen reichen Seegen; möge es Dir, mein lieber Ernst, recht wohl gehn; das Glück meiner lieben Kinder ist auch für mich das größte; und ich werde es dankbar erkennen, wenn ich Dich || recht glücklich sehe.

Heute Nachmittag kam Dein lieber Brief an, als Vater grade zu Kühne zu dessen Geburtstagsfeier ging; ich habe den an Barth gleich hingeschickt, und werde das Päckchen Anna am Sonntag geben. Jetzt ist Vater zu Anna, um ihr Deinen Brief zu bringen. Dieser giebt mir veranlaß [!] zu folgenden Bemerkungen:

Wohl hast Du eine glückliche Gesundheit und viel Kraft von || Gott erhalten; aber Du darfst deshalb nie wieder so auf Deine Gesundheit einstürmen wie Du das diesen Winter gethan hast. In Allem muß Maaß und Ziel gehalten werden, und unrecht ist es, wenn man die Arbeit übertreibt. Mich hat es aufs Tiefste betrübt, daß ich Dich so elend aussehend fand, als Du hier warst, und ich bitte Dich aufs Dringendste, gehe mit Deinen Kräften und den Dir verliehenen Gaben gewissenhaft um. || Nach dem, was Du von Deiner Wohnung schreibst, bin ich entschieden der Meinung, daß Du nicht weiter für künftige Verhältnisse drauf reflektierst, die scheint doch für Euch gar nicht zu passen, und ich denke Anna wird auch der Meinung sein; und wenn Ihr auch weniger hübsch wohnen werdet, so ist doch die Hauptsache, daß Ihr eine recht gesunde Wohnung findet; − −

Das mußt Du schon Annas wegen berücksichtigen. || Wie gerne, mein lieber Ernst, machte ich Dir zu Deinem Geburtstag eine kleine Freude, aber ich weiß wirklich jetzt nichts, und behalte es mir vor, Dir was zu schenken, wenn Du hier sein wirst. Deinem Wunsche gemäß habe ich Dir 6 Hemden von Schirting zugeschnitten wovon 2 hierbei folgen; die Du bald tragen magst, um mir dann zu schreiben, ob sie Dir so recht sind, oder was Du anders wünschst; ich will es gerne wissen || um dann die leinenen Hemden machen zu können. Ich habe die Hemden länger geschnitten als das Probehemde; das mit den breiten Falten ist noch etwas länger. Dann hatte Mutter Minchen für ihren Karl Schirting Hemden gekauft an denen statt Piese eine Manschette war, davon hat Anna mir ein Muster geschnitten und ich habe zur Probe an einem Hemde solche Piesen gemacht. Auf beifolgendem Zettel habe ich Dir || einige Fragen über Hemden geschrieben, Du darfst nur kurz die Antwort dahinter schreiben. – Auch bitte ich Dich sage mir bald wegen den Unterhosen. –

Damit Du von Deiner Mutter zum Geburtstag doch einen süßen Gruß erhältst, habe ich Dir Deskauer gekauft, die hierbei folgen und einige Apfelsinen etc. Vater trägt mir auf, Dir zu sagen: wenn Du eine Wohnung fändest, die später für Euch paßt, so solltest || Du sie miethen, Du könntest ja zu Ostern hereinziehen.

Nun lebe recht wohl, mein lieber Herzens Ernst, halte Dich gesund und behalte lieb

Deine

Dich herzlich liebende

Mutter L. Häckel ||

[Beilage]

Willst Du die Hemden so lang haben, als das mit dem Einsatz mita breiten Falten? oder wie das andere?

Ist die Weite und Breite der Halspiese Dir recht?

Willst Du an den Aermeln Piesen oder solche Manchetten?

Sollen die Einsetze mit breiten Falten sein? oder mit den kleinen? wie das eine Hemde ist oder willst Du auf beide Art. ||

Sind die Kragen Dir so recht und willst Du sie mit breiten oder schmalen Piesen? ich hab sie von verschiedener Breite gemacht, damit Du versuchen kannst wie sie Dir am angenehmsten sind.

a eingef.: Einsatz mit

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
vor 16.02.1862
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35397
ID
35397