Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes und Ernst Haeckel, Berlin, 9. Januar 1869

Berlin d. 9/1 69.

Liebe Kinder!

Endlich ist heute die Kiste abgegangen, und ich hoffe Ihr bekommt sie bald und sie findet Euch gesund und munter. Schon lange war die Kiste gepackt und ich warttete nur auf das Mäntelchen und den Makkolä; darüber fiel mir nur ein, daß ich so gerne einen Topf mit Röllchen einsetzen wollte, weil Ernst sie so gerne ißt; es schien || aber kaum hinein zu gehn, heute früh macht ich den Versuch, packte noch mal aus, und frisch ein; alles ging nicht hinein, so habe ich die Hemdchen für Walter hier behalten, da er die ja noch lange nicht braucht.

Nun zu Nächst eine Erklärung Dich, liebe Agnes, wenn Du die Röllchen nicht kennen solltest; oben auf habe ich Rindertalg gegossen, damit es sich besser schicken lies, es ist aber ganz || frischer, den Du zum Kochen noch brauchen kannst. Du mußt ihn aber nicht eher herunter nehmen, bis Du die Röllchen brauchst, dann machst Du den Faden ab, und schneidest sie in Stükken, und thust den Gelée dazu. –

Da ich immer nicht lange auskommen kann, so hat Tante Bertha mir das Mäntelchen besorgt, und auch auf ihre Maschine wattiert und genäht; nach Deinem Wunsche habe ich blau genommen, doch hat Bertha a blau und weiß ausgewählt, weil das bloß blaue so ab-||färbte. Gestern Abend bekam ich das Mäntelchen, und wünsche daß es Dir Freude macht, und unser liebes Jungelchen es gesund braucht; am Köpchen habe ich die Schnur aufgezogen, damit es sich besser packte, und habe es in das Tischtuch eingewickelt, das Ernst hier gelassen hat; der Topf mit Röllchen ist unten in der Kiste im Kofferbezug. Als die Kiste eben weg war, kam ausb Hirschberg die Leinewand, wobei auch das Stück für Deine Schwester Clara ist, es kostet 11 Thaler 5 sg. || frage nun Klara, ob ich ihr die Leinewand durch Post schicken soll, oder ob es bleiben soll, bis ich nächstens so etwas schicke, da Vater bald imc Makkolä so weit ist, daß ich sie schicken kann; schreibt mir, ob Ihr auch sonst etwas wünscht.

Ernst wird wohl meinen heutigen Brief sehr interessant finden, da er von lauter Frauenangelegenheiten voll ist; ihn zu versöhnen muß ich nun noch wohl sonst etwas schreiben: also zu nächst und das beßte, daß Vater sich || sehr erholt; wir fahren täglich spazieren, da Quincke meint die Luft würde ihm gut sein; dabei ist er heute schon zum zweitenmal ein kleines Stück gegangen; auch sind die Nächte meist besser. Gott gebe, daß es so fort geht. –

Gestern war Mutter Minchen mit Tante Gertrud bei uns zu Mittag; als wir bei Tische sassen, kam Karl, aß noch mit uns, und ging dann ins Theater, dann habe ich ihm [!] weiter nicht gesehn, || da er gleich gestern nach Potsdam zurück mußte; Vater war sehr erfreut ihn gesehn zu haben, und wie hübsch es sei, daß Karl nun auch ins Theater gehn könne. −

Mutter Minchen ist heute früh nach Frankfurt zurück gegangen. Morgen Sonntag wird Bertha nach Potsdam fahren, und wenn es gutes Wetter ist wird Gertrude mit; beide Schwestern haben sich sehr gefreut, von Dir einen Brief zu haben. –

Das Geld für die Leinewand soll Clara || nicht her schicken, sondern Euch geben; ich bringed es Euch in Rechnung; Anfangs Februar erhebe ich wieder Zinsen für Euch: für Agnes vom w. p. Pfandbrief 8 r 22 ½ [sgr] 25 d: Kursk-Kiev: 10 r

also / 18 Thaler 16 sg.

für Ernst aus den preussischen Renten 17 Thaler 16 sg., 5 Coupons der Kursk-Kiew: 32 r 15

also Summa 50 r1.

Vater grüßt mit mir Euch Beide und die liebe Mutter aufs herzlichste. Dem kleinen Walther einen herzlichen Kuß von

Euerer

alten Mutter

Lotte.

a gestr.: es; b korr. aus: auch; c gestr.: den; eingef.: im; d gestr.: verrechne; eingef.: bringe es

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
09.01.1869
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 35376
ID
35376