Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 21. Dezember 1895

Potsdam 21 Decbr

1895.

Lieber Bruder!

Mit dem herzlichen Dank für Dein wiedera so reichliches Weihnachtsgeschenk verbinde ich den Wunsch, daß Du das Fest heiterer mit den Deinigen verleben mögest, als es nach Deinen Mittheilungen den Anschein hat. Ich habe es großentheils in Baar an Marie, Ernst. Julius, Georg gegeben, die alle ihren besondern „Spaarfonds“ haben (zu Kleid, Teppich u.s.w.) u. Heinrichs Theil zum Ankauf seines Geschenks mit verwendet.b Es ist c in dem Befinden von Agnes ihr und Deinem Hause doch ein schweres Kreuz auferlegen, das ja getragen werden muß. Aber es ist oft nicht leicht, sich darin zu finden. Du hattest in der 2ten Hälfte dieses Jahres wahrlich genug zu tragen an Deinem Unglück mit dem Fuße! – Leider, muß ich sagen, wird wohl mein Heinz zum Feste um Dich sein; er bestätigte mir gestern Deine Voraussage, daß er wegen einer schweren Patientin kaum werde herkommen können. Laß Dich durch sein gleichmäßiges, heitres Wesen, wie ich wünsche, auch etwas aufheitern. Wir werden hier den heiligen Abend bei den Lichterfeldern zubringen, u. diese, hoffentlichmit Tante Bertha am Donnerstag (2t Feiertag) || bei uns sein. Bei unserm Schwager Sethe geht es seit 8 Tagen nicht gut. Es scheint, als habe er wieder schlagartige Mahnungen gehabt. Er ging zwar nachher nochd aus, aber der Arzt nimmt doch seinen Zustand recht ernst. Es sollte mir für die Familie recht Leid thun. Die Heimburger sind mit dem Kindchen schon gekommen u. wollten es in Berlin jetzt taufen lassen. –

Hier erwarte ich Friedel, in der Hoffnung, daß ihm noch Urlaub zu Theil wird. Das Wetter scheint sich ja zum Reisen leidlich zu gestalten. Ich machte heut Vormittag in dem herrlich kandirten Sans-souci einen schönen Spazier Gang. Nachmittag war die schönste Verzuckerung durch Reif durch feinen Naßnebel schon wieder weggewischt. –

Meinem Heinz habe ich aufgetragen, Dir zum Fest eine Kriegserinnerung aufzubauen u. hoffe, daß Du solche gern hast. Andernfalls soll sie nach Deinem Wunsch umgetauscht werden. Ich denke es ist zugleich ein Buch für’s Haus! –

Von Ernst in Radewitsch schrieb ich Dir wohl; Neue Nachricht habe ich nicht – So eben Karte von Hahn: er hat Buchbinder’s bei H. Jacobi getroffen. Schwager Heinrich darf niemand empfangen, und auf ihn wirke es deprimirend, e„daß er seiner Sprache nicht so mächtig sei wie sonst.“ – Sie halten es für Influenza??? Ich meine es ist doch deutlich! –

a eingef.: wieder; b weiter am Rand v. S. 1: Ich habe es…Geschenks mit verwendet.; c gestr.: Dir; d eingef.: noch; e weiter am Rand v. S. 2: „daß er seiner…ist doch deutlich! –

Brief Metadaten

ID
35299
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Datierung
21.12.1895
Umfang Seiten
2
Umfang Blätter
1
Format
11,3 x 17,8 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35299
Zitiervorlage
Haeckel, Karl an Haeckel, Ernst; Potsdam; 21.12.1895; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_35299