Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 28. September 1892

Potsdam 28 Septbr 1892

Lieber Ernst!

Besten Dank für Deinen Geburtstagswunsch und Geldgeschenk. Ich habe mir Deine Büste in Stearin abkochen lassen, der besseren Reinigung wegen, und ein Postament von festem Holz zu der über 30 Kilo schweren Büste bestellt. Beides soll mein Geburtstags-Geschenk sein, was ich von dem Gelde bestreiten kann. Ich hoffe, Dir dann den Professor schön aufgebaut vorstellen zu können, wenn Dua herkommst. Mir paßt nun Dein Kommen am besten in der dritten Oktoberwoche. Denn nächsten Sonntag will ich auf einige Tage nach Freienwalde u. Prenzlau (zu Herms) und dann nach Crossen, so daß ich vor dem 15 Octbr. kaum wieder hier sein werde, frühestens am Mittwoch den 12!b Kannst Du Dich darauf || einrichten? – Ich meine, Du kannst doch auch zum 9 October in Weimar nicht fehlen; das sähe doch wunderlich aus, wenn Du Dich darum drücktest! –

Daß Du glücklich wieder in Jena angekommen freut mich; Du wirst wohl auch ordentlich Bedürfniß zum Ausruhen haben nach der angreifenden Plankton-Fischerei. Daß Du so glücklich und unbewußt der Cholera-Ansteckung in Hamburg u. auf dem Schiffe entgangen bist, dazu muß man Dir noch besonders gratuliren. Wir leben hier bis jetzt nur mit den nöthigen Vorsichtsmaßregeln; die böse Krankheit ist hier trotz Kanal – dessen schauerliche Ausdünstungen ich wegen verminderten Geruchsorgans selbst nicht wahrnehme – u. Havelverkehr nicht eingezogen u. in Hamburg nimmt die Cholera doch auch ab. Aber Vorsicht in Essen u. Trinken wird doch noch lange nöthig sein. ||

Von Tante Bertha habe ich gute Nachricht. Sie fühlt sich in der Hasserode Einsamkeit sehr wohl. Wann sie zurückkommt, ist noch unbestimmt. Ich habe ihr zugeredet, bei dem schönen Herbstwetter (wir hatten heut wieder, wie gestern, 19° Reaumur) noch so lange zu bleiben, wie das Wetter sich hält.

Von den Söhnen habe ich gute Nachrichten, nur Ernst kann sich in die Westphälische Pension (Eichhof bei Bielefeld, Zweiganstalt der Bodelschwingh’schen Anstalten) nochc nicht recht finden. Doch halte ich die regelmäßige Arbeit im Freien, in einem großen Gemüsegarten für die nächste Zeit für ihn angemessen, damit er sich an eine geordnete Thätigkeit gewöhnt. Am 20st war bei mir Familienessen: Hahn’s, 2 Lisco’sche Söhne, Richter’s Mariendorf; den 24st waren wir in Lichterfelde; die 2 Mädel und der dicke Junge haben mich durch ihr Gedeihen recht erfreut.

Die 1500 Mk liegen für Dich || bereit.

Mit herzlichen Grüßen an All’ die Deinen und einem Geburtstagswunsch an Walter – der nun wohl zu Hause ist.

Dein

alter

Karl.

Meinem Heinz besondren Gruß u. Dank für die Bismarckbroschüre, ebenso für die von Dir(?) gesendeten 3 Stück. Eines ist nach Washington an Poesche gewandert!

Was sagst Du zu der Havarie des „Würtemberg“? Warum manövrirt man in stockdusterer Nacht ohne Beleuchtung? (lt. Bericht in der National Zeitung vom 17/9 Abds.)

Die Photographie-Abzüge von der Gruppe von 1854 sind bestellt! –

a gestr.: ich; eingef.: Du; b eingef.: frühestens am Mittwoch den 12t!, c eingef.: noch

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
28.09.1892
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35293
ID
35293