Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 13. November 1888
Postdam den 13 Novbr
88 Abds
Lieber Bruder!
Die letzte Nacht war leidlich, besser als die vorhergehende. Tante Bertha war 2 Stunden den Nachmittag da, fand sie aber viel schlummernd, wie dies überhaupt jetzt der Fall. Mutter dankt Dir sehr für Deinen Brief, den ich ihr vorlas. Wenn sie wach ist, ist sie ganz bei Sinnen u. macht immer noch ihren trocknen Witz. Gestern ging ich in den Kirchenrath u. sagte es ihr; sie meinte: „Da ist die Kirche wohl recht rathlos.“ Lavements nimmt sie 1 um den andern Tag, aber immer erst nach vielem Zureden. Sie ist || in der Beziehung zu eigensinnig. Sie bekommt dieselben jetzt mit Glycerin mit dem Irrigator und die helfen sehr wohl.
– Heut habe ich mich nach einem Hypothekenkapital in Nowawes für Dich umgesehen, welches uns angeboten war. Das Haus ist 20.000 M in der Feuerkasse. Der Miethsvertrag ist jährlich 720 M, so daß der Kapitalwerth zu 5 % der Ertrag gerechnet = 14.400 M sein würde. Der Besitzer, der ein ordentlicher Mann sein soll (nach eingezogener Erkundigung), will 9000 M zu 4 % verzinslich zur ersten Hypothek geliehen haben, wofür 2 darauf stehende Hypotheken abge-||treten werden. Ich kann nicht sehr zureden; doch würdest Du wenn ich 3½ %ige Centrala Pfandbriefe oder Consols verkaufte statt 90 x 3½ = 318 M. jetzt Zinsen 90 x 4 = 360. M. erhalten. Bitte entscheide Du. Die Sicherheit ist nicht ganz pupillarisch.b c Ich soll bald Antwort sagen.
Mit herzl. Gruß
Dein
Vater.
Frl. Rühs macht sich gut, sehr sorgsam. Damit sie mal ordentlich ausschlief, hat Marie die letzte Nacht bis 2 Uhr gewacht, und ist dann von Frl. Rühs abgelöst worden.
a eingef.: Central; b mit Einfügungszeichen eingef.: Die Sicherheit ist nicht ganz pupillarisch.; c gestr.: Für s