Potsdam 25 Juli 1886
Lieber Bruder!
Wie Du inzwischen durch meine Depesche erfahren haben wirst, habe ich unverhoffter Weise doch noch Urlaub für die ganze Heidelberger Festwoche erhalten. Ein College, welcher für die erste Ferienhälfte, 15/7-15/8 circa, Urlaub hat und gestern Abend von einem Ausflug heimkehrte, ist so freundlich, für mich einzutreten und dafür im Herbst eine Woche Urlaub zu nehmen, und der Präsident hat heute Mittag dieses Abkommen genehmigt.
Am nächsten Sonntag Abend geht aus Berlin ein Extrazug für die Festbesucher nach Heidelberg ab, mit Billeten zu Hin- und Rückkehr für den || halben Preis. Diesen denke ich zu benutzen u. komme dann Montag Vormittag (gegen 10 Uhr?) nach Heidelberg.
Schreibe mir nun bald, ob ich durch Dich noch auf Quartier hoffen kann oder mich selbst darum bemühen soll, Letztrenfalls bitte ich um Telegramma eventuell an wen ich mich zu wenden habe.
Ich freue mich sehr auf das Wiedersehen alter Freunde, die ich wahrscheinlich zahlreich dort treffen werde. Schon vorigen Herbst war für 11 Süddeutsche – darunter Präsident von Pfeuffer-München und Professor Marquardsen-Erlangen ein gemeinschaftliches Quartier bestellt. Verschiedene Karlsruher u. Professor Kussmaul-Straßburg werden wahrscheinlich unter ihnen sein.
– Nun hoffe u. wünsche ich nur, daß es mit unsrer Anna so geht, daß ich ohne Sorgen reisen kann. Sollte ihr Zustand || so bedenklich werden, daß in Kurzem eine Katastrophe eintreten kann, so würde ich auf die Reise verzichten. Bisher ist es ja wechselnd gewesen, wie ich Dir schon schrieb. Heut ist der 11te Tag, aber aufstehen hat sie noch nicht können.
Nun noch eine geschäftliche Frage 1) nimmt man Frack u. Klapphut mit? Ich denke, für alle Fälle.
2) bestellt man sich vorher Einlaßkarten zum allgemeinen Commers u. zum Schloßfest? Oder ist in Heidelberg dazu noch Zeit?
In Eile
Dein
Karl.
Mutter grüßt schön; sie freut sich, daß ich nach Heidelberg gehe. Von Tante Bertha keine neure Nachricht.
a mit Einfügungszeichen eingef.: Letztrenfalls bitte ich um Telegramm.