Potsdam 11 October
1883.
Lieber Ernst!
Wir sind gestern nach guter Fahrt – in Folge Händedrucks von Groß Heringen bis Berlin ohne andre Reise Gesellschaft und in bequemem Coupé neben Closet – glücklich um ½ 11 Uhr hier angelangt. Das Umsteigen war eklig; aber der Groß Heringer Portier machte es sehr geschickt, hob die alte Mamma auf seinem Arm ins Coupé hinein. Mutter schlief auch etwas unterwegs, mußte aber doch öfters wegen Schmerzen ihre Lage wechseln. In Berlin half Tanten's Minna, hier Julius beim Aus- und Einsteigen. Tante bleibt noch bis morgen Vormittag, Marie kommt morgen Abend wieder.
Mutter ist doch noch recht kaput und hat viel Schmerzen im Oberkörper. Es war gut, daß wir reisten, wenn ich auch hoffe, daß sich das Uebel hier bald heben wird. Ebmeier erwarten wir auf seiner Abendtour.
Die Fahrt war bis Weissenfels recht angenehm: herrliche Aussicht auf die Ränder des Saalthals. Die Luft war herrlich, die Temperatur bis spät Abend milde.
Hier fanden wir Tante Bertha etwas || verschnupft, und Lotting etwas unruhig, sonst alles wohl.
Mutter läßt Dir sagen, es sei doch sehr nett gewesen bei Euch: ich auch. Pepo randalirte heut umher, wie die Kellner von der Bahn: „frische Würstchen! Glas Bier!“ pp. ausrufend. Er ist sehr munter.
Anbei Taufschein von Frau Seebeck mit Quittunga Rechnung. Ich habe die 2 Mk, die Du Dir geben läßt, Dir unter Deinen Ausgaben in Rechnung gestellt.
Ade, herzlichen Gruß Euch allen
von Deinem treuen Bruder
C. Hkl
a eingef.: Quittung