Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 24. Juli 1877
Hischberg, Schlesien
24 Juli 1877.
Lieber Ernst!
Seit Sonnabend Nachmittag hier komme ich nun doch endlich mal dazu, Dir ein direktes Lebenszeichen zukommen zu lassen. Ich befinde mich recht wohl in der Ausspannung; und es erleichtert es mir sehr, daß ich unter lieben theilnehmenden Menschen bin, die meine Clara gekannt u. geschätzt haben.
Bis Freitag früh denke ich hier zu bleiben u. kleinere Ausflüge zu machen; so gestern nach Eichberg, nahe bei Schildau (weißt Du noch, wie Du auf dem Wege dorthin anno 50 Deinen Stock vom Bocke fallen ließest, um eine seltene Pflanze aus dem nahen Chausseegraben zu holen!), – Heute nach der Bismarckhöhe. Dann will ich nach St. Peter, auf der Boehmischen Seite hinüber u. dort 8-10 Tage bleiben.
Heute kommt der Oberschlesische Schwiegersohn von Onkel Lampert, Beyer, mit Frau u. Kindern. – Er denkt am Freitag mit seinem Schwiegervater nach Carlsbad zu reisen. ||
Am Sonntag war Frau Rechtsanwalt Bulla mit ihrer Freundin, Frl. Hardt hier. Sie geht nächster Tage mit dieser nach Kreuznach ins Bad u. will Jena berühren, da sie beide große Verehrerinnen Deiner Schöpfungsgeschichte sind. Also mache Dich nur auf einen Verehrungsbesuch gefaßt, u. nimm sie recht freundlich auf. Du weißt, Frau Bulla ist Vaters Schwägerin, u. ihr Mann besuchte Dich noch anno 1867 in Jena.
Hier bin ich sehr gut aufgenommen und habe Adolph Schubert viel frischer gefunden als vor 4 Jahren. Der Kurt hat sich auch recht zu seinem Vortheil verändert. Er wird Dich vielleicht mal von Pforta aus besuchen. Hoffentlich geht es Dir und Frau und Kindern gut und Ihr leidet nicht zu sehr an der wieder beginnenden Hitze. Ochse nur nicht zu viel. Über Dein abgeklatschtes Dankschreiben habe ich mich sehr ergötzt. – Das wird Dich hoffentlich gründlich erleichtern.
Herzlichen Gruß von
Deinem
Karl