Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 10. Juli 1874

Potsdam d. 10 Juli 1874.

Lieber Ernst!

Eben kommt Mutter mit der Berufungsnachricht. Ich freue mich darüber sehr, und denke, Du nimmst an, wenn nicht erhebliche Gründe dagegen sprechen. Ueber die amtliche Stellung kann ich nicht urtheilen und finde auch in Ordnung, daß Du darüber noch genau von Berlin aus unterrichtet sein willst. Was die Gehaltssache betrifft, so wirst Du in Rücksicht auf das viel theurere Leben so viel fordern müssen, daß Du in den Einnahmen Dich doch wenigstens nicht verschlechterst. Dabei würde ich aber auf die etwa jetzt geboten werdende Zulage in Jena kein Gewicht legen denn: die Hauptfrage ist doch: willst Du für immer in Jena bleiben oder nicht? Entscheidest Du Dich für letztres, was ich || nach Deinen früheren Äußerungen annehmen muß, so mußt Du jetzt unbedingt zugreifen. Es ist unwahrscheinlich, daß Dir später Besseres geboten wird. Denn nach München willst Du doch wohl nicht, aus Gesundheitsrücksichten. In Bonn liegst Du an der großen Verkehrsstraße; die Sammlungen sind doch voraussichtlich auch leidlich und die Zuhörerzahl wird sich auch finden.

Also alles in allen genommen: wenn Dir nicht zu ungünstige amtliche und pekuniäre Stellung geboten wird würde ich annehmen. Ueber die katholischen Verhältnisse wirst Du schon hinwegkommen

Mit den Füßen (beide sind leicht verstaucht) wird es sich hoffentlich machen. Wie es eigentlich steht, entscheidet sich Sonntag. Mutter treibe ich, bald zu Euch zu kommen. Wie und wo ich meine 14 Tage Urlaub zubringen werde, weiß ich noch nicht. Ade, in Eile Dein

treuer Bruder

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
10.07.1874
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35061
ID
35061