Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 31. März 1873

Potsdam 31 Maerz 73

Lieber Bruder!

Recht gefreut hat es uns, bis jetzt so günstige Nachrichten von Dir zu erhalten (die letzten waren vom 18t dieses Monats aus Cairo). Ich hoffe Du wirst nun auch im rothen Meere eine zufriedenstellende Ausbeute beim Fischen erhalten haben und beim Empfang dieses Briefes Dich wohlbehalten in Smyrna befinden. Für die weitere Reise möchte ich gleich hier Dich darauf aufmerksam machen, daß der Gesandte v. Keudell in Constantinopel ein näherer Bekannter von Aegidi ist u. dieser noch privatim an Keudell geschrieben hat. Keudell ist früher hier bei der Regierung gewesen u. steht noch in gutem Andenken in hiesigen Kreisen, namentlich auch wegen seiner musikalischen Leistungen. Er hat eine Tochter vom früheren Minister v. Patow zur Frau und sein Schwieger Vater ist jetzt nach Magdeburg als Ober-Präsident an v. Witzleben’s Stelle gekommen, v. Keudell ist so viel ich weiß, altliberal, wie sein Schwiegervater. Ich hoffe, Du wirst von ihm freundlicher als von Herrn v. J-d in Cairo aufgenommen werden. General-Consul in Constantinopel ist übrigens ein Herr Gillet, weitläufiger Verwandter von uns durch die Sack’sche Stiftung a die erste Frau von Gillets Großvater war eine Schwester meiner Mutter, und Großmutter von Dürings. Diesem stelle Dich ja vor u. || erwähne die Verwandtschaft; Tante Bertha sagt mir, es solle ein sehr netter Mann sein. Seinen Vater (früher in Lyon Seidenhändler u. dann Mann einer reichen Griechin od. Russin) habe ich wohl gekannt. Gillet’s waren mit Düring’s nahe verwandt, wie Du weißt. – Lache nur nicht, daß ich Dir die „liebe Familie“ wieder vorreite. Es kommt Dir dieselbe doch vielleicht zu Statten. Mit Stangen’s Genossen wirst Du wohl in Constantinopel zusammentreffen. Vergiß nicht den Vetter Mollard dann aufzusuchen. Sein Vater und Bruder, mit denen ich am Sonnabend das Berlin-Potsdam-Magdeburger Direktandendiner mitmachte, erzählten mir viel von dessen Reise; er soll sehr befriedigt sein.

Bei uns geht es Gott sei Dank gut; Hermann bekommt sein neuer Beruf bis jetzt sehr. Von Carl sind leider keine besseren Nachrichten. Unsre Anna ist gestern eingesegnet. Tante Bertha, Claerchen und Conrad Jacobi waren dabei. Helene, die Migräne hatte, kam zu Mittag nach. Nachmittag noch einiges junges Lisco’sches Volk. – Die Rede von Prediger Ritter war sehr warm u. angemessen. Anna in einer freundlich-bewegten Stimmung den ganzen Tag. Abends gab ich ihr das Spruchbuch Deiner Anna, welches Du früher zu diesem Zweck mir gegeben hast. – Tante Bertha ist heute noch hier und || will heut Abend zurück. Mutter wird wohl am Freitag auf einige Tage zu ihr herübergehen. Mutter ist munter, wenn auch klapperig.

Sehr betrübt hat uns, daß es Deiner kleinen Lisbeth wieder weniger gut geht; sonst sind ja die Nachrichten gut aus Jena. Neulich habe ich auch das Aumaer junge Ehepaar flüchtig in Berlin gesehen.

Die Geldgeschäfte für die Westphalia habe ich dieser Tage für Dich, Mutter und mich abgemacht. Ich denke zu der, wahrscheinlich am 29 April in Dortmund stattfindenden General Versammlung zu gehen; Quincke (der Dich grüßen läßt) redet mir sehr zu. Vermutlich giebt es eine Dividende von 12 %., was für Mutter u. uns recht anzunehmen ist. Nun ade lieber Bruder. In Constantinopel findest Du wieder Briefe. Der Himmel behüte Dich.

Dein alter treuer Bruder

C. Haeckel

[Beischrift von Charlotte Haeckel]

Meinen Brief hast Du wohl nicht in Cairo erhalten?

a Von Charlotte Haeckel am linken Rand v. S. 1 mit Einfügungszeichen eingef.: Die erste Frau...Großmutter von Dürings.

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
31.03.1873
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35051
ID
35051