Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 14. Februar 1873, mit Beischrift von Clara Haeckel

Potsdam d. 14 Februar 1873.

Lieber Bruder!

Meinen herzlichen Glückwunsch zu Deinem Geburtstage! Gesundheit und Gedeihen der Familie, eine recht erfolgreiche Erholung und Auffrischung zu der hoffentlich nach Deinem Wunsch ablaufenden bevorstehenden Reise, und dann rechte Frische und neue Kräfte zu dem alten Berufsleben, zu dem Du nachher zurückkehrst. Werden Dir diese Wünsche alle erfüllt, so kannst Du wohl zufrieden sein! – Mir aber u. unserm ganzen Haus erhalte u. bewahre unverändert Deine treue brüderliche Liebe.

Recht lebhaft habe ich in diesen Tagen an Deine Rückreise von den Canarischen Inseln denken müssen, als ich einen Vortrag von Gerhard Rohlfs über seine Reisen durch Marocco hier öffentlich hielt. Ich weiß nicht ob Du Rohlfs, der || Medizin studirt hat u. jetzt in Weimar lebt, persönlich kennen gelernt hast. Er hat ein sehr einnehmendes Äußeres u. trägt recht elegant u. interessant vor. Seine Tour a über den Atlas erinnerte mich lebhaft an Deine Reiseschilderungen, besonders die kleinen Exkursionen die Du an der maroccanischen Küste machtest. Und doch hat es etwas Jämmerliches, wenn – wie es scheint – Rohlfs, um seinen Unterhalt zu finden, umherreisen u. Vorträge für Eintrittsgeld halten muß! – Solche Reisende müßten Staatspensionen erhalten.

Deine Abreisezeit, lieber Bruder, rückt immer näher. Du wirst deshalb alle Hände voll zu thun haben. Wäre das nicht der Fall und wäre nicht auch schon Mutter bei Euch, so hätte ich gern die Gelegenheit wahrgenommen, Dich zum 16t zu überraschen. So verspare ich mir den Besuch, den ich hoffentlich einmal mit Clara zusammen machen kann. Letztre istb mit einem langwierigen Nagelgeschwüre in den letzten Wochen recht geplagt worden. Jetzt fängt es aber doch an damit sich wesentlich zu bessern. Gestern war sie deshalb auch mit in Berlin, wo || wir bei Schwager Heinrich zu Mittag waren. Schlötke’s und die nächste Verwandtschaft waren dort. Von Mutter München lauten die Nachrichten noch nicht gut. Sie liegt wieder meist. Daß es bei Karl Sethe nicht sonderlich geht (er hat in den letzten Jahren keine guten Geschäfte gemacht), liegt ihr sehr im Sinne.

Von unserm Carl haben wir keine neueren Nachrichten. Hermann muß tüchtig arbeiten, u. kommt, wenn er uns in den Abendstunden besucht, was er fast täglich kann, immer recht müde gearbeitet an. Sonst aber bekommt es ihm, scheint es, gut. Seine Hände haben von der Kälte viel zu leiden, aber er ist dabei munter u. guter Dinge. Uebrigens scheinen wir uns doch eines erheblich milderen Winters zu erfreuen als Ihr in Eurem Jena. Die Nachtfröste sind noch ernstlich, aber um Mittag steht das Thermometer meist um 0 oder darüber.

Nun, liebes altes Bruderherz, lebe recht wohl. Ich wünsche daß Frau und Kinder bei Deiner Abreise wieder ganz munter sein mögen. Wirst Du nicht auch Punkte bezeichnen wohin und bis zu welcher Zeit man Briefe an Dich senden kann.

Ade Dein treuer

Karl.

Mutter und Deiner Frau meinen herzlichen Gruß.c ||

[Beischrift von Clara Haeckel]

Lieber Ernst!

Meinen herzlichen warmen Glückwunsch für Dich für Dein neues Lebensjahr und zunächst für den glücklichen Verlauf Deiner Reise. Mutter vielen Dank für Ihre Briefe gestern bekamen wir sie pünktlich. Anna war sehr froh und lieb den ganzen Tag, freute sich sehr über das Einsegnungskleid. Von unserem Münchner Freunde haben wir Nachricht, es bedarf also keiner Anfrage deshalb. ich muß schließen, Mutter wird Euch wohl alles Nennenswerthe von uns erzählen. Sei Du mit Agnes und den Kindern herzlich gegrüßt von Deiner Schwägerin

Clara

Potsdam d. 15. 2. 73.

a gestr.: durch; b gestr.: hat; eingef.: ist; c weiter am Rand v. S. 3: Mutter und Deiner Frau meinen herzlichen Gruß.

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
14.02.1873
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35050
ID
35050