Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 6. Januar 1873

Potsdam den

6 Januar 1874.

Lieber Ernst!

Gestern erhielt ich von Mutter Deinen Brief vom 4t dieses Monats. Was Mutter’s Reise betrifft, die sie für den Februar zu Euch projektirt, so möchte doch sehr zu bedenken sein, ob dieselbe ihr in dieser Jahreszeit und bei ihrem Befinden nicht schädlich sein wird. Sie leidet jetzt viel an Schmerzen in den Beinen (Hüftweh oder Gicht) und kann sich oft kaum bis zu uns schleppen. Gestern kam sie Nachmittag mit dem Stocke an. So sehr es uns nun auch für Euch freut, wenn sie reist, so wäre es doch wohl gerathener, sie schöbe die Reise bis Mai oder Juni auf. Nun scheint sie aber doch Dich vor Deiner Reise gern sehen zu wollen. Könntest Du nun nicht zu Anfang Deines Urlaubs auf einige Tage herkommen? – Dann schiebt sie ihre Reise gewiß auf. Ueberlege Dir || das mal. Mit Mutter haben wir gar nicht darüber gesprochen. Du weißt, wie sie ist; sie hat sich das einmal vorgenommen und führt auch die Reise aus, wenn sie nicht hoffen kann, Dich hier zu sehen. Dr. Kloenne hätten wir ihr gern schon auf den Hals geschickt, da sie allein mit Arnica doktert, aber sie will es dann doch nicht Wort haben, daß ihr was fehlt und thut nicht was er anordnet.

– Die Abrechnung über Carl betreffend, so habe ich eben sein Ausgabe und Einnahmen Buch eingesehen. Darnach hat er in Jena erhalten:

d. 28/4, 5/5, 19/5, 20/6, 13/7, 18/8 u. 8/9 je 20 Rth = 140 ₰ und d. 9/6 50 ₰ – also im Ganzen 190 ₰.

Doch weiß ich nicht, ob darunter nicht das Reisegeld ist, das Mutter ihm geschenkt hat. Von wann er nämlich die Beträge erhalten hat ist nicht notirt. Vergleiche nun mit Deinem Buche. Ich hatte Dir nur 110 Rth am 24 April mitgegeben, habe || Dir also noch zu gewähren u. werde dies, wenn Dir es Recht ist, an Mutter zahlen, die ja ohnehin für Dich anzulegen hat.

Die Anlage bei der Westphalia auf das neue Anlehn halte ich für sicher u. vortheilhaft und möchte Dir nur dazu rathen; daß die Zinsen vermuthlich nur jährlich gezahlt werden, thut ja nichts. Wohl aber ist erheblich, ob man solche nur in Dortmund erheben kann oder auch in Berlin; darum habe ich heute angefragt. Entscheidend wird dieser Punkt allerdings immer nicht sein.

Von Carl erhielten wir vorgestern einen recht vernünftigen Brief. Das giebt mir aber keinen Maßstab für seinen Zustand; er kann sich einmala zusammengenommen haben, u. war noch unmittelbar vorher so wenig disponirt, daß ich ihn nicht einmal gesehen habe. Wir wollen das Beste hoffen.

Ade. Herzlichen Gruß

Dein

C. Haeckel ||

Unser Georg piepst seit den Festtagen, wo er seinem Magen zu viel geboten hat. Er kann nichts vertragen und laborirt an den an einem Magenkatarrh.

a eingef.: einmal

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
06.01.1873
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 35048
ID
35048