Jena, Sophienstr. 13, 17./5. [1905]
Sehr geehrter Herr Professor!
Gerade dieser Tage erschien in der der Frauenbewegung dienenden Zeitschrift „Frauen-Rundschau“ ein von mir verfaßter Artikel, in dem ich versucht habe, mit meinen schwachen Kräften eine kleine Lanze für Ihre Welträthsel zu brechen. Ich erlaube mir, Ihnen diesen Artikel zu übersenden und würde mich sehr freuen, wenn Sie sich vielleicht ein Viertelstündchen Zeit nehmen || wollten, ihn zu lesen, und noch mehr, wenn Sie finden würden, daß ich Ihre Intentionen annähernd getroffen habe. – Es war mir darum zu thun gerade in Frauenkreisen, die so im allgemeinen noch furchtbar indifferent diesen Fragen und ganz besonders fremd Ihrer Weltanschauung gegenüberstehen, diese Fragen einmal zu beleuchten.
Der Artikel wurde schon im April 1904 geschrieben und eingesandt; aus mir unerklärlichen || Gründen blieb er so lange liegen, bis ich vor einigen Wochen kategorisch mein Manuscript zurückverlangte. Ich kann nicht umhin, Ihnen das zu sagen und zwar deshalb, weil ich kurze Zeit nachdem der Artikel geschrieben war, Ihr gedrucktes Circular erhielt, indem ich zu meiner Freude eine Bestätigung meiner Ansicht fand, daß es nicht Ihre Meinung war, als ob in den Welträthseln nun wirklich alle, || resp. das eine große Räthsel gelöst sei. – Für das schlechte Portrait, machen Sie mich, bitte nicht verantwortlich, auch nicht dafür, daß das Motto erst vor die zweite Hälfte der Ausführungen zu stehen kam.
Mit vorzüglicher Hochachtung und bestem Gruß
Ihre ergebene
Elise Dosenheimer