Haeckel, Hermine

Hermine Haeckel an Ernst Haeckel, Freienwalde, 11. Februar 1856

Freyenwalde 11 Febr.

1856.

Mein lieber Ernst!

Junge, übers Jahr muß ich Dich wohl ganz eherbar mit: „Herr Doktor“ anreden und mira vielleicht Dir zum Vergnügen den Finger quetschen oder so etwas, damit Du doch von Patienten reden kannst.

Bis dahin erlaubst Du wohl, daß ich ganz einfach als meinem lieben Schwager, Dir meine innigsten Glückwünsche zu Deinem Geburtstag schicke, die denn auch darauf hinausgehen, daß Du das neue sehr verhängnißvolle Jahr in Deinem Leben, glücklich, und heiter bestehen mögest. 2 vielleicht auch 3 mehr moralische Katzenjammer darfst Du aber nicht haben in demselben. Denke vielmehr an Deinen gelehrten || Vetter Wilhelm, der jetzt schon in einem anderen Welttheil berühmt zu werden beginnt, wie der mal sagte: „Der Mensch muß auch was auf sich halten.“ Wenn ich Dir nun auch dies Maaß nicht wünschen möchte, so darfst Du aber doch etwas davon Dir aneignen, denn wirklich muß „der Mensch etwas auf sich halten“. Gott gebe, daß Du Deine Studien in dem vorliegenden Jahr glücklich beenden mögest und Du Dich einer tüchtigen Gesundheit zu erfreuen hast, um dann, wenn es angeht, Deine große Reise antreten kannst.

Jedenfalls freuen wir uns sehr Dich bald zu sehen in unserm neuen Domizil. Über dasselbe kann Karl Dir mehr erzählen, der hat in Wrietzen reichlich Zeit dazu. Ich muß mich allerdings sehr beeilen, vor 1 Stunde kam ein Brief Deiner Mutter, doch vor Mittwoch den Brief an Dich ihr zu schicken, da muß || ich nun mit nächster Post Karl Alles zur Weiterbeförderung schicken, da ich nicht weiß, wann er Zeit zum Schreiben hat.

Wir sind Gott sei Dank ganz wohl, Karlchen schwatzt viel, will den Onkel Ernst über sein Bett hängen haben und ebenso die Locke von Dir. Herrman gedeiht prächtig wird jetzt tüchtig wild, ist ganz rund und dick und ist selig mit seinem einen Zahn.

Den Schaal magst Du tragen wenn Du willst, so soll er Dich recht sehr wärmen und Dich erinnern daß er mit viel Liebe gestrickt ist.

Karlchen schickt ein Küßchen und ich herzlichen Gruß.

Deine Schwester.

a korr. aus.: mich

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
11.02.1856
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 34012
ID
34012