Wilhelmine Sethe an Ernst Haeckel, Heringsdorf, 31. Juli 1868
Heringsd. d 31t. Juli 1868
Lieber Ernst!
Du warst der Erste, von dem ich ein Gratulations Schreiben erhielt, daß ich nicht denken konnte wie rasch dies gegangen war. Und erst jetzt sage ich Dir meinen herzlichen Dank dafür, das ist doch nicht halb recht. Aber Du mußt Mitleid mit mir haben, und verzeihen, indem mir gar nicht so recht ist, und auch meine Augen immer nicht viel Schreiben erlauben, da kommt man denn so leicht ins verschieben. Heute höre ich von Carl daß er Dir schreibt, da will ich doch gern ein paar Worte einlegen. Es war so lange || schon mein sehnlicher Wunsch daß Heinrich sich verheirathen möchte, damit ich ihn noch in eine glückliche Häuslichkeit sehen möchte. Da kannst Du denken wie ich mich freue, wenn ich beider Brautleute glückliche Briefe lese. Dann will ich gern mein Haupt zur Ruhe legen, wenn ich meine Kinder in eine glückliche Häuslichkeit weiß.
Eine unruhige kurze Brautzeit haben sie, doch ist die Hochzeit nicht zu früh, da sie sich schon so lange gekannt und gequält, daß sie sich wol gehörig kennen.
Ich hoffe nur daß ich zur Hochzeit kann, wenn ich aber so wenig frisch bin, wie jetzt, wäre es wol zweifelhaft.
Heinrich bekommt das Bad || gut, auch Gertrud, Anfang August ist Alles wieder zu Hause. Heinrich hat bestimmt vor zu meinem Geburtstag mit Gertrud herzukommen wotzu ich mich unendlich freue. Gleichzeitig wird Lucie und Carl hier sein mit Mariechen Lenke, auch hoffe ich auf Bertha die immer zu gern mal kommt.
Rechte Freude macht es mir Vater mit Sohn Carl hier zu haben es scheint mir auch daß es beiden gut bekommt.
Auch habe ich Dir für Dein Schriftchen noch zu danken.
Ich habe es gelesen, weil es von Dir ist, und muß aber bekennen, daß es mich nur deshalb interessiert hat, denn der Sache selbst habe ich immer noch nicht das Interesse abgewinnen können als damals.
In Deinen Augen ein großes Verbrechen, aber ich mir nicht || helfen ich muß sagen wie ich denke. Freue mich aber daß es Dich so befriedigt und so Anerkennung findest, daß es Deiner lieben Frau jetzt so wohl geht freut mich sehr. Grüße sie wie Deine Eltern bestens.
Ich muß so eilig enden ich hatte Besuch und habe doch Carl versprochen, den Brief rechtzeitig abzuschicken.
Mit der alten Liebe
Deine treue Mutter