Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Oscar Hertwig mit einer Beilage an Richard Hertwig, Jena, 3. März 1891

Jena 3. III. 1891

Lieber Freund!

Für Ihren freundlichen Brief u. Glückwunsch zu Lisbeth’s Verlobung sage ich Ihnen meinen herzlichsten Dank. Der verflossene Februar war einer der aufregendsten Monate meines Lebens. Erst am 9. die schnelle, aber in jeder Beziehung hocherfreuliche Verlobung unserer Lisbeth. Gleich darauf die schwere Erkrankung meiner armen Frau, mit so unerträglichen Leiden, daß wir uns am 21. zu einer lebensgefährlichen Operation (Laparotomie) entschließen mußten. || Prof. Riedel führte diese (unter Assistenz meines Neffen) sehr glücklich aus und fand (– was durch die Diagnose nur unsicher vermuthet, aber nicht sicher festgestellt werden konnte –) in der Gallenblase einen sehr großen alten Gallenstein, augenscheinlich die Quelle der schwere Leiden meiner Frau seit mehr als zehn Jahren. Wir hoffen nun, da sie die Operation glücklich überstanden hat, daß mit der Entfernung des Unholds für sie eine nun glückliche Periode beginnen wird; und daß sie in 3–4 Wochen genesen wird. ||

Da Sie selbst erste Kürzlich so schwere, nun auch glücklich gehobene Sorge um Ihre liebe Frau hatten, wissen Sie, was es heißt, Tage lang an der Schwelle des Grabes zu wandeln!

– Leider ist meiner armen Frau damit auch die Freude über Lisbeths Verlobung, die an sich eine kleine Sonnenschein-Novelle war, sehr verkümmert worden. Hans Meyer (32. Jahre) lernte Lisbeth erst am 10. Januar (ihrem 20. Geburtstage), auf dem Prorectorats-Balle kennen; er ist ein prächtiger, lieber u. tüchtiger Mensch, so recht nach meinem Geschmack. || Beide Leute passen vortrefflich zusammen und sind sehr glücklich. Im Herbst heirathen sie. –

Hans, der seine Africa-Fahrten mit der glücklichen Bewältigung des Kilimandjaro abgeschlossen hat, ist jetzt Chef des Bibliographischen Instituts in Leipzig. Die Nähe von Lisbeth ist uns auch sehr erfreulich.

– Ich bin froh, daß morgen die Ferien beginnen; ich bleibe dieselben hier. Seit einem Monate bin ich arbeitsunfähig! –

Ich darf Sie wohl bitten, diese Zeilen auch Richard mitzutheilen. Ihrer lieben Frau, deren glückliche Genesung uns sehr freut, unsere besonderen Grüße!

Treulichst Ihr Ernst Haeckel

[Beilage: egh. Brief Ernst Haeckels an Richard Hertwig, Jena, 3. März 1891]

Jena 3.III.1891.

Lieber Richard!

Dem Brief an Oscar, dessen Inhalt auch für Sie bestimmt ist, lege ich noch einen herzlichen speciellen Gruß für Sie und die lieben Ihrigen bei. Hoffentlich geht es Ihnen recht gut, und bleiben Sie von so schweren Sorgen verschont, wie Oscar vor einigen Monaten und ich in den letzten Wochen durchzumachen hatte! Nun wenn es nur heißen kann: „Ende gut, Alles gut!“ Bei mira haben sich einmal wider, wie schon öfter in meinem Leben, die verschiedensten Ereignisse gehäuft! ||

– Von unserem Walter haben Sie wohl Nichts gesehen? Der Junge hat sich ganz eigenthümlich entwickelt, und da er jetzt 22 Jahre alt ist, lasse ich ihn gehen. Von meinen Empfehlungen für München, wie von meinen Rathschlägen für seine künstlerischen Studien, hat er keinen Gebrauch gemacht. Ich höre aber, daß er für talentvoll u. ziemlich fleißig gehalten wird. – Emma ist jetzt bei ihren Verwandten in Gera.

– Mit herzlichsten Grüßen an Sie u. die Ihrigen

Ihr treuer Ernst Haeckel.

a eingef.: mir

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
03.03.1891
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 33269
ID
33269