Anton Dohrn an Ernst Haeckel, [Berlin, Dezember 1864]
Lieber Haeckel!
Bis heute hatte ich es verdämmert Dir die versprochene Schrift zu schicken. Du erhältst sie jetzt hiebei. Du wirst mir einen sehr dankenswerthen Gefallen thun, wenn Du sie durchliest und mir den Eindruck, den Du davon gehabt mittheilst. Dass ich zu heftig und a ungerecht gegen Kölliker geworden, weiss ich, und das allein ist der Grund, warum ich von der Publikation abgestanden bin. Das von Virchow auf den ersten beiden Seiten Bemerkte unterschreibe ich gern, – ich hätte es auch noch ganz geändert; der Anfang zu solchen Geschichten ist immer etwas schwierig. Was er aber weiterhin ausgesetzt, ist durchaus nicht alles ein Evangelium, wie Du gewiss finden wirst. – Du wirst schon auch an dieser Kleinen Schrift bemerken können, dass ich nicht blos für die Naturwissenschaften die revolutionirende Kraft der Darwin’schen Theorie hervorhole: im Gegentheil Pfaffen, Schulmeister und Adel nebst Consorten sollen gehörig zu leiden bekommen, ja auch die Philosophie, in die ich mich derweil etwas hineingearbeitet habe, werden mit der Nase darauf gestossen werden, dass ihnen Alles Philosophiren nichts hilft, wenn sie nicht Naturwissenschaften studiren wollen.
Wenn es geht, schickst Du mir wohl die Schrift bald wieder; jedenfalls bitte ich Dich, Sie Niemand zu zeigen.
Auf baldige Nachricht von Dir harrend
Dein
Aton
Donnerstag.
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